Es ist still geworden um das IPA. Und wo kein India Pale Ale mehr gebraut wird, ist im Windschatten auch das Pale Ale rar geworden. Das, was als Stil die Craft Beer-Bewegung nicht nur antrieb, sondern auch definierte, ist an seine Grenzen gestoßen. Wer alt genug ist, erinnert sich an den ersten Flirt, später die stürmische Liebe und die radikale Abkehr von neuen, „heavy toast“-Barriques in der Wein-Szene. Ähnlich erging es den „Je-mehr-Aromahopfen-desto-geiler“-Bieren. Wie die später geschmähten Holzbomber hat auch der Hopfen-Exzess schnell zu einer Sättigung geführt.
Das mag eine verkürzte Zusammenfassung der letzten 15 Jahre Braugeschichte sein, der mal Details hinzufügen könnte. Etwa die Rohstoffkosten. Oder die geringe Akzeptanz von Neuem in der Gastronomie, das zwar komplexer und besser, aber halt auch „so viel“ teurer war. Sei’s drum, das Zauberwort heißt „drinkability“ oder in der österreichischen Version „No ans!“. Entsprechend lässig ging man es bei Lava Bräu an, wo Jakob Marn sich dem Pale Ale widmete. Ein Ami-Schlitten unter Palmen signalisiert am Bier-Label optisch, wo die Reise hingeht.
Als West Coast-Pale Ale und somit knackig, hell und mit einer betonten Hopfen-Frische wollte man den Stil von Kalifornien in die Feldbacher Gefilde holen. „Leichter und etwas milder“, so der Wunsch von Bräu Roman Schmidt, sollte das neue Bier sein. Das zeigt sich mit einem Blick auf das Etikett des obergärigen Bio-Biers noch nicht. 6,3% vol. wirken nach viel Holz – im Original gerne harzigem – vor der Hütte. Doch der Eindruck täuscht, zumal man sich auch nicht nur US-amerikanischer Hopfenzüchtungen bedient hat. „Cascade“ als nahezu obligate Sorte kam in die Mischung, doch dort lieferte „Perle“ das Rückgrat, der deutsche „Hüll Melon“ ist aber vielleicht das wichtigste Biergewürz in dieser Neuheit.
Die Nase braucht zwar ein wenig, aus den kräftigen Bitter-Tönen, die an illegale Rauchware („Ganja“) denken lassen, auch die explizit fruchtigen Noten zu extrahieren. Dann aber kommt man mit dem Trinkprotokollieren gar nicht nach: Holunderblüten sind da, schon etwa überständig (ohne die Parfüm-artige Süße), Orangenschale und – mit Luft! – noch präziser: Mandarinen riecht man ebenfalls. Ja, ein wenig kann man sogar Pfirsich und Himbeere vorbeirollen sehen vorm geistigen Auge. Dass das aber kein lustiger Obstsalat werden wird, hat der Hopfenduft schon angedeutet. In der Tat sind im Geschmack fruchtige und bittere Noten nicht zu trennen. Dem forschen Antritt der Bittere folgt ein fruchtiger, aber nie breiter, Mittelteil. Hier hat Cavaillon-Melone Platz, aber auch Mandarine ist eindeutig zu schmecken – diesmal auch die Frucht, nicht die Schale.
Wichtig wird jetzt auch die Textur dieses Biers; denn das Pale Ale zeigt keine Schwere oder alkoholische Anklänge. Die Kohlensäure, neuerdings dank neuer Gerätschaften unter besonderer Beobachtung in der Brauerei, ist präsent, was man unter den intensiven Eindrücken gar nicht gleich realisiert. Wir die Hopfenbittere trägt sie aber zum leichtfüßigen Eindruck dieses Lava Bräu-Erzeugnisses bei.
Schön herb von Anbeginn, wird es zwar fruchtig, aber nie süß, was dem Stil bestens entspricht. Dass man nicht zu sehr in die zitronige Richtung abdriftet (Danke, „Hüll Melon“!), verhindert auch ein würziger Nachklang. Bei diesem Geschmack im Hall denkt man an Brennnessel, aber auch an grünen Pfeffer – und zwar frischen, nicht eingelegten. Dass das kein leichter Schluck für alle Tage ist, war klar. Dafür hat man in Auersbach aber eh ein zischiges Pils. Doch ein feiner Terrassen-Schluck, nach dem das gechillte Leben starten kann, ist das „West Coast aus Südost“ aber alle mal. Und träumen kann man dabei ja. Von US-Vintage Cars und Palmen zum Beispiel.
Bezugsquelle:
Lava Bräu, „Pale Ale“ (bio) kostet EUR 39,- im Karton (12 x 0,33 Liter-Flaschen) ab Brauerei bzw. im Webshop, www.lavabraeu.at/onlineshop-bier