Bierliebhaber lieben auch Belgien. Dabei ist weder die Anzahl der Brauereien (150, in Österreich: 173), noch der Jahreskonsum pro Kopf (74 Liter – gegen die 108 Liter in Österreich) weltbewegend. Allerdings wurden hier nicht nur Gärverfahren entwickelt und Bierstile kreiert, die gut 1.100 Biersorten haben auch eine weltweite Fangemeinde, die sich an Geschmacksprofilen abseits des Mainstreams erfreut. Nicht unwesentlich dafür war von jeher der Verzicht auf das Reinheitsgebot, das die Zutaten auf Hopfen, Malz, Wasser und Hefe limitiert. Und so gehört etwa das Fruchtbier Kriek zu den belgischen Aushängeschildern, das aufgrund seiner technischen Machart mitunter genauso polarisiert wie aufgrund seines ausgeprägten Kirsch-Geschmacks.
Das alte belgische Gärverfahren, bei dem die Hefen aus der Kellerumgebung den Malzzucker vergären, bringt so genannte Lambiek– (oder Lambic-)Biere hervor. Statt der Hopfengabe erhält das spontanvergorene Kriek nun ganze Kirschen. Die Lagerzeit zersetzt das Fruchtfleisch, Kerne und Stengel bleiben später im Filter. Durch die Zugabe der Sauerkirschen findet die Hefe erneut „Nahrung“, die sie in Alkohol und CO² umwandeln kann. Das bedeutet aber, dass auch ein „Fruchtwein“ entsteht, womit die reine Lehre des Reinheitsgebots gar nichts anfangen kann. Im Endeffekt stellt Kriek ja ein Hybridgetränk aus Bier und (Obst-)Wein dar. Dafür ist es weit organischer entstanden als die abgemischten „Radler“. Mit 3,5% Alkohol und einem Spannungsbogen, der weit mehr bietet als „Bier mit leichter Süße“, erfrischt das Kriek nicht nur im Sommer.
Zwar hat der Mangel an den „Schaarbeeker Kirschen“, die ursprünglich ins Kriek kamen, zu neuen Verfahren, meist Kirschsirup-Zugabe, geführt, der Geschmack ist im Idealfall immer noch süß-sauer. Der Duft des Kriek von Lindemans erinnert an die Supermarkt-Süßigkeit „Dominosteine“, die Steinobst (Plaumengelée im Falle der Praline), Marzipan und süße Schokolade verbindet. Über allem aber schwebt das Kirschenaroma, das auch im Antrunk die Marschrichtung vorgibt.
Aus dem fruchtsüßen Beginn schält sich nach und nach die verhaltene Säure, im Finish wird der Kirsch- immer mehr zum Sauerkirschgeschmack, bis das rote Getränk fast trocken ausklingt. „Wogegen“ man am besten gleich den nächsten Schluck nimmt.
Bezugsquelle:
Lindemans klassisches „Kriek“ (0,375 Liter) ist um EUR 3,11 beim Lienzer Spezialitäten-Importeur Abaco erhältlich, www.abaco-trade.at