Man muss keinen an der Waffel haben, um ins Cognac-Land Charente zu fliegen, um dann dort einen Wodka zu trinken. Man kann auch einfach Gast in Le Logis sein, dem Sitz von Grey Goose. Wobei „Sitz“ es nicht so ganz trifft, was am ehrwürdigen Anwesen in Juillac-le-Coq samt Pool und Profi-Bäckerei-Ausstattung passiert. Es ist mehr eine überaus dem Savoir-vivre verpflichtete Marken-Botschaft. Denn abgefüllt wird der in 162 Länder exportierte französische Edelwodka zwar im nahen Gonsac, gebrannt jedoch viel weiter nördlich. In der Kornkammer Picardie wird die höchste Qualität an Bäckerei-tauglichem Weizen (für Kenner: BPS oder blé panifiable supérieur) nämlich gleich zu Alkohol verarbeitet, wo sie wächst.
Doch nicht der Ort der Wodka-Erzeugung ist spannend, sondern die Herstellung des Grundalkohols im eigenen Haus. Die meisten Häuser kaufen den landwirtschaftlichen Alkohol nämlich zu und perfektionieren ihn. Daher stammen dann Aussagen wie „elf Mal destilliert und zwölf Mal gefiltert“, erläutert der Erfinder des Welterfolgs im Zeichen der blauen Gänse, François Thibault. Filtriert wird bei Grey Goose genau einmal, „ich will den Geschmack ja im Wodka“, stellt der Destillateur klar.
Der Amerikaner Sidney Frank „beauftragte“ ihn 1997 mit der Kreation eines Wodkas. „Ab diesem Zeitpunkt gab es zwei Irre mehr auf dieser Welt“, lacht der ehemalige Cognac-Spezialist (Thibault wurde als Maître de chai, also Kellermeister ausgebildet) im blauen Hackett-Anzug heute. Doch Mr. Frank lag richtig – und machte nur sieben Jahre später das Geschäft seines Lebens, als die Familie Bacardi seine junge Wodka-Marke um kolportierte zwei Mrd. US-Dollar kaufte (der Scheck zierte zwei Augenzeugen zufolge bis zu seinem Tod das Büro des Spirituosen-Kings). Als Frank 2006 mit 86 Jahren starb, titelte die New York Times den Nachruf des langjährigen „Jägermeister“-US-Importeurs in Anspielung auf seine größten Erfolge: „Took a German Drink and a Vodka Brand to Stylish Heights“.
Diese stylischen Höhenflüge gehen auch unter der Flagge der Fledermaus (=Bacardis Wappentier) weiter und so hat auch Monsieur Thibault, damals wie heute Destillerie-Chef bei Grey Goose, „die Verantwortlichen überzeugt, zwei Produkte, die mir teuer sind, zu verbinden“. Was in Europa nach wie vor rar ist, nennt sich in den USA „Hybrid Spirits“ und sorgt dort für ziemliches Wachstum der Spiritsbranche. Tequila-Bourbon-Gemische in Flaschen etwa darf man sich unter anderem darunter vorstellen. Wer’s braucht!
Du trinkst den Cognac Deines Großvaters und machst ihn für Deine Enkel.
François Thibault
Doch wir sprechen von der Kombination von 95% Wodka mit 5% Cognac. Dass das Ergebnis trotz des fassgelagerten Cognacs wasserklar ist, liegt an den besonders alten Fässern, in denen der Weinbrand reift. „Sie geben kaum mehr Farbe ab“, erfahren wir in der Charente und flugs stellt Thibault eine Flasche des strohhellen Basis-Cognacs für den „VX“ genannten „Hybi“ auf den Tisch.
In der Nase kommen beide Bestandteile – zur Erinnerung: wir sprechen von nur 5% Cognac – durch: Die an Frühstücksflocken erinnernde Korn-Note des Weizens aus der Picardie steht Seite an Seite mit den grünen Trauben. Die Mischung erinnert ein wenig an saftige Rosinen. Auch am Gaumen gibt es den „Cognac-Moment“, am Anfang wird es traubig, ein wenig denkt man auch an kalten Jasmintee, die florale Note stammt sicher nicht aus dem Wodka. Der kommt aber der Mitte kräftiger durch, dann sind die Cornflakes-Aromen da, die bis ins Finish anhalten, dazu ein Hauch Zwetschke. Überraschend mild und mit einer fruchtig-kühlen Bei-Note, die ihn für Wodka-Skeptiker interessant macht, trinkt sich der hybride Franzose.
Wozu man ihn jetzt genau trinkt – definitiv nicht im Cocktail! – bleibt offen, bis die britische P.R.-Chefin das perfekte Wording liefert: „For Toasting Occasions“, Anstoßen mit Hybrid-Antrieb quasi. Preislich bewegt man sich ebenfalls auf Champagner-Niveau, aber immerhin liegt „Le Logis“ ja auch in der Grand Champagne, dem Herz des Cognacs.
Bezugsquelle:
Grey Goose, „VX“ (Wodka-Cognac-Hybrid) ist um EUR 84,90 (Liter-Flasche) im Weisshaus-Shop erhältlich, www.weisshaus.at