Wie wahr, wie wahr: „Der meiste Kaffee wird im Büro getrunken, leider meist auch der schlechteste“. Also sprach Oliver Kanzi, der nach Triestiner Art seine vier Kaffees in der Thermenregion röstet. Dabei sollte „guter Kaffee nicht vor der Bürotür enden“, so Kanzi. Ergo verwandelte der aroma-schonend „langsame“ Röster aus Trumau das historische Naber Kaffee-Lokal in der Wiedner Hauptstraße, in dem heute das „Schönbergers“ um bessere Kaffeekultur kämpft, in ein Versuchslabor. Im Blindtest sollte sein Kaffee gegen die Marktbegleiter verkostet werden. Eine fordernde Sache, der man nur mit gleichen Bedingungen und dem nötigen Ernst begegnen kann. Getestet wurde einheitlich auf der WE 6 „Piano Black“ von Jura, die bei Patrick Schönberger im Akkord lief.
Die Auflösung hat dann zwar nicht den Trumauer Blend „Riviera“ vorne, der die verdeckte Nummer 2 unter den fünf verkosteten Kaffees war, sondern die Eigenmarke der Supermarkt-Kette „Hofer“. Surprise, surprise! Doch bei genauerer Betrachtung siegte der Diskontkaffee aufgrund vieler „Zweier“, ganz vorne hatte ihn im Gegensatz zum „Kanzi Kaffee“ niemand. Denn der gefiel einigen sehr, anderen haderten mit seinem polarisierenden Duft und der Optik der langsamen Trommelröstung: roten Paprika, Brombeere und auch zart holzige Noten wies das Röstbild auf, das vor der Verkostung zu sehen war.
Doch es gibt nicht nur eine Mischung von Oliver Kanzi, weshalb wir an die Espressomaschine in der Wiedner Hauptstrasse wechseln. Denn da ist gerade eine andere Mischung „eingespannt“, wie die anderen Sorten trägt auch sie den Namen einer legendären italienischen Straße (z. B.: „Amalfitana“). Nach getaner Verkosterarbeit gibt es daher noch jenen Blend, den Patrick Schönberger an der Espresso-Maschine als „die klassische italienische Barmischung“ vorstellt. Kanzis „Aurelia“ – 40% Robusta, 60% Arabica – sorgt für eine recht dunkle Tasse (über die Creme braucht man hier nicht zu diskutieren), die ein schönes Bitterschokolade-Aroma verströmt. Röstig, aber nicht holzig, cremig, aber nicht süß. Intensiv, aber nicht verbrannt.
Die Säure stützt die dunklen Noten, die zwischen dunklen Beeren (Brombeere vor allem), Kakao und Bitterschoko oszillieren. Auf der Gewürzskala tragen wir bei Muskatnuss ein Kreuzerl ein, diese Mischung hält bis in lange Finish. Da wird der „Aurelia“ dann auch immer nussiger, ehe er erdig trocken ausklingt.
Viel Text für eine kleine Tasse Kaffee? Mitnichten. Eher schon: viel Geschmack. Und für und der wahre „Bürokaffee“-Sieger!
Bezugsquelle:
Kanzi Kaffee, „Aurelia“ ist um EUR 8 (250 Gramm-Packung) beim Kaffeegreissler erhältlich, www.kaffeegreissler.at