Seit wir Ernst Wallners burgenländischen Gin vorgestellt haben (hier), ist wieder einige Zeit vergangen. Aus dem „Neptun“ wurde ein „Drytun“, erzählt der Golser Brenner beim Wiedersehen. Denn einen Rechtsstreit mit britischen Anwälten brauchte der Chef der Dorfbrennerei dann auch nicht. Viel lieber schenkt er seine Gin&Tonics an jene aus, die den knackigen und 47% starken Gin zu schätzen wissen.
An Details wie diesen erkennt man den versierten Brenner, denn ohne eine gewisse Kraft trägt der Brand halt die Aromen nicht, übergießt man ihn mit der doppelten Menge Tonic Water. [Nebenbei eine nicht uninteressante Frage für alle Gin-Freunde in Zeiten des Brexit: Steigt die Alkoholsteuer und/oder der Zoll in die EU (sprich: auch nach Österreich), werden wohl einige der britischen Klassiker ihre Füllstärke anpassen. Nach unten. Und 40% sind schwierig im G&T]. Aber genug vom Gin!
Denn Ernst Wallner hat eine neue Abfüllung mit. Rum aus Gols. Die Vorstufe dazu war der „No. 1 Pannonische Rum“, ein klarer („weißer“) Zuckerrohr-Brand des Tüftlers. Ähnlich wie in Cuba wurden hier ein Verschnitt aus mehreren Basis-Rums gewählt. Einige destillierte Chargen aus dem Zuckerrohr bzw. der Melasse, die er sich liefern ließ, wurden zum finalen Produkt verschnitten. Man kann die Mischung mit Cola, ein burgenländisches „Cuba Libre“, durchaus als Kult-Getränk im Seewinkel bezeichnen. Gerade erst hat Wallner das Golser Volksfest mit dem „Panno-Coke“ versorgt (fast hätten wir „abgefüllt“ geschrieben, aber das schaffen die Winzer allein).
Die aktuelle Abfüllung ist die reifere Version des „No. 1“, die nunmehr gut 18 Monate im Fass hinter sich hat. Es ist jener Zeitpunkt, in dem auch in Cuba die aguardientes (=bereits gelagerte Rums) mit den frischen destilados für eine erneute Fasslagerung – z. b. für weitere vier Jahre – verschnitten werden. Die Frische des Zuckerrohr-Brands ist noch da, das Holz sorgt nur für erste Würze. Im Falle des „No. 1.“ zeigt seine nur leichte Bräunung, dass hier nicht mit Zuckerkulör bei der Farbe nachgeholfen wird.
Der „Pannonische Rum“ in seiner neuen Form bringt den Geruch von Limetten als Erbteil des weißen destilados mit, die Reifung hat für Honig und Nougat im Duft gesorgt. Irgendwie erinnert diese Mischung an „Toblerone“. Denn auch nussige Komponenten kommen am Gaumen dazu: neben einer Macadamia-Nuss, die sich in die schokoladig-leichte Zusammensetzung des Geschmacks mengt, ist auch Kokosnuss da. Sie meldet sich vor allem im Nachklang des Golser Rums. Pur weist er eine sanfte Holznote, vor allem aber einen relativ trockenen Charakter. In der Karibik hätte man ihn wohl mit Zucker und Glycerol „geschmeidiger“ gemacht, doch von derlei Spaßettln hält der Golser Brenner wenig.
Das schlanke Mundgefühl wird durch eine schöne Gewürzvielfalt mehr als wett gemacht. Muskatblüte, Fenchelsaat, ganz wenig Vanille, dafür mehr Kardamom entwickeln sich, wenn der Rum etwas Temperatur (und Luft) bekommt. Diese Noten sind es auch, die tatsächlich in der Kombination mit Cola gut funktionieren. Eine nicht zu süße, dafür aber komplett burgenländische Variante wäre etwa das Werks-Kola aus Wulkaprodersdorf. Um ein Zitat von Che Guevara abzuwandeln: „¡Hasta la Pannonia siempre!“
Bezugsquelle:
Dorfbrennerei Wallner, Pannonischer Rum ist um EUR 29,90 (0,7 Liter-Flasche) ab Hof bzw. im Online-Shop der Brennerei erhältlich, http://shop.dorfbrennerei.at