In der großen Weinbaugemeinde Gols waren sie unter den Ersten, die auf Biobewirtschaftung umgestellt haben. Herbert und Helmut Bernthaler gehören nicht zu den marktschreierischen Winzern, die lassen lieber die Qualität sprechen. In lauten Zeiten mag das ein Fehler sein, es macht aber die Weine keinesfalls schlechter, wenn nur wenige sie kennen. Nur Etiketten-Trinker halten das Gegenteil für wahr. Es war also wieder an der Zeit, die aktuellen Entwicklungen zu kosten. Zumal einer der wenigen heimischen Weine, die im Kastanienfass reifen, zu den Erzeugnissen des Hauses zählt. Der „Chastanie“, so der Kunstname aus der Rebsorte Chardonnay und dem Fassholz, stand also am Beginn der Verkostung.
Zart buttrig und damit durchaus sortentypisch lässt sich der Duft des „Chastanie“ an. Die gerne behauptete Süße, die Kastanienholz auch trockenen Weinen verleihen soll, kann man hier ebenfalls nachvollziehen, ein Hauch von Baiser steigt aus dem Glas. Dazu kommen Noten von Ananas und Zitronengras. Am Gaumen überflutet eine saftige Orangenfrucht zunächst einmal alles, ehe sich die subtileren Aromen herausschälen. Quittengelée, Nektarine und viel Zitrusfrucht wird von einer prägnanten Walnuss-Note abgelöst.
Zart herb und fruchtig sind die beiden Pole, die hier für Spannung sorgen. Gewinnen wird am Ende die herbe Seite, im Abgang kommt noch die trockene Würze von Kurkuma auf. Eines wird der Wein aber nie: langweilig. Nicht unerwähnt soll auch das Bemühen der Bernthalers um möglichst histamin-arme Weine bleiben. Der „Chastanie“ etwa hat unter 0,1 Milligramm/Liter (laut Analyse des Floridsdorfer Allergiezentrums).
Akazien und Kastanien statt Eiche
Einen besonderen Schatz, praktisch einen „Gemischten Schatz“, stellt der von den Großeltern ausgepflanzte Weingarten der Bernthalers dar. Die 1940 und teils 1960 bestockte Anlage „Ungerberg“ umfasst „wie damals üblich verschiedene Weißweinreben, vor allem Weißburgunder, Chardonnay und etwas Neuburger und Grüner Veltliner“. Es handelt sich also um einen uralten Gemischten Satz, den die Brüder in Akazienfässern vergären. Auch hier geht man also weg vom Mainstream.
Die Farbe des „Ungerberg“ sorgt für die erste Begeisterung in der Verkoster-Crew: „Strahlendes Gold-Gelb“, wird notiert. Intensiv ist auch der Erstkontakt, buttrig und intensiv duftet der „Ungerberg“ nach Kokos und Butterkeksen. Doch schnell schält sich eine exotische Note heraus, die an Papaya-Würfel und etwas Banane erinnert. Vollmundig zu Beginn, hat er auch am Gaumen eine gespaltene Persönlichkeit. Was zunächst als relativ fette Tropenfruchtigkeit erscheint, erweist sich als filigraner, je mehr Zeit man ihm gibt. Dann kommen die Kräuter (etwa Minze) durch, auch ein zartes Bitterl, aber auch die hellen Tabaknoten. Letztere begleiten den „Alte Reben“-Mischsatz in den Abgang.
So unterschiedlich die beiden Weissen auch sein mögen, die beachtliche Spannung haben sie gemeinsam. „Tiefgang“ könnte man als Überschrift über die aktuellen Bernthalers schreiben.
Bezugsquelle:
Bernthaler+Bernthaler, Chardonnay „Chastanie“ 2013 ist um EUR 11,90, der Gemischte Satz „Ungerberg“ um EUR 13,50 erhältlich, beide bei der Vinothek „Der Gallier“, www.dergallier.at