Mit einem Gast aus Frankreich selbst endet unsere kleine Champagner-Serie vor den Festtagen. Charles Duval-Leroy gehört zu jenen seltenen Menschen, die den Namen von Champagnerhäusern tragen – und dort auch noch Verantwortung überhaben. Denn in dieser Größenordnung ist das mittlerweile selten geworden. Zwei Millionen Flaschen beträgt die jährliche Produktion und Monsieur Duval-Leroy hat die klare Art seiner Mutter, der legendären Carol Duval-Leroy, geerbt. Als erste Frau an der Spitze der Association Viticole Champenoise zu stehen, sagt bis heute viel über das Standing der gebürtigen Belgierin aus, die zur Präsidentin gewählt wurde.
„Viele glauben, sie kosten die Champagne und trinken doch hauptsächlich Pinot Noir“, brach Charles Duval-Leroy gleich zu Beginn unseres Gesprächs in der Wein&Co-Filiale Schottentor eine Lanze für den Chardonnay. Man lebt schließlich die Stärken der Côte des Blancs; mit einem „grand cru“-Anteil von 40% aller Lagen finden sich auch magische Ortsnamen wie Le Mesnil sur Oger, Avize oder Cramant im Portfolio von Duval-Leroy. Das sorgt dann schon bei der Cuvée „Fleur de Champagne“, einem hochqualitativen Einstieg für engmaschige und belebende Struktur. Hefenoten und Blüten-Töne sind im Geruch untrennbar verbunden, der feine Kombucha-Ton spricht für ansprechend langes Hefelager dieser Assemblage aus grand bzw. premier cru-Lagen. Das Mousseux ist cremig und prickelnd fein zugleich, eine reine Freude am Gaumen, der mit Grapefruit-Zesten gekitzelt wird. Die engen Räume nach hinten hinaus und die zarte Salzigkeit ergeben einen perfekter Aperitif-Champagner, den man in der „maison“ selbst zu Krustentieren empfiehlt. Womit? Mit Recht!
War hier noch Pinot Noir ebenfalls beteiligt, liefert der „Blanc de Blancs Millésime 2006“ einen Beweis für das Händchen, das Duval-Leroy beim Chardonnay hat. Dem rauchigen Auftakt von einem frisch angerissenen Zündholz folgt eine Duftmischung aus Ananas-Pürée, Mandarine und Gelbem Apfel. Der leichte Rauch-Ton kommt auch am Gaumen durch; er muss sich aber gegen vollmundige Frucht behaupten, die zwischen Pink Grapefruit und Himbeere oszilliert. Das spannende Spiel liefert aber die zart holzige Gewürzigkeit, die immer wieder durch die saftig-präzise offerierte Frucht des Chardonnays durchblitzt.
Den pursten Ausdruck der Sorte, wenn auch in Kombination mit einer klaren Herkunftssignatur, stellte aber der „Clos des Bouveries“ aus dem Jahrgang 2006. Er gehört zur Einzellagen-Serie namens „Précieuses Parcelles“ und wird trotz eines Teilausbaus der Grundweine im Holz mit „pureté minérale“ umschrieben. Nicht zu Unrecht! Der anfangs etwas Landluft-artigen Hefe-Prägung folgt ein Blütenduft nach. Forsythie und fast schon speckige Noten signalisieren, dass es hier nicht um Frucht gehen wird. Erneut ist es eine ebenso cremige, wie auch frische, beinah spitzige Perlage, die Freude von Anfang an bringt. Brioche mit Vanille, etwas weißer Pfeffer und immer enger werdende Räume kulminieren in einem Geschmackskorridor von klirrender Mineralik. So viel Terroir-Charakter hat man selten bei einem Schaumwein! Wie eine Austernschale mutet dieser „Vintage 2006“ Blanc de Blancs an – es ist großartiger Champagner für einen attraktiven Preis. Und es muss keine Flasche davon sein, aber dieses Glas wird man nicht schnell vergessen, das waren wird mit Monsieur Duval-Leroy einer Meinung.
Fenchel und Feuerholz: „Femme de Champagne“ 1996
Am wenigsten Überzeugungsarbeit brauchte es am Schottenring dann für den Jahrgangschampagner 1996, ebenfalls unterm Signet „Femme de Champagne“ gefüllt. Die cremig-nussigen Akzente sind bei diesem (aus der Magnum servierten) Schaumwein bereits in der Nase überdeutlich. Kühlste Zwetschken- und Himbeereindrücke decken das fruchtige Spektrum ab – hier ist also auch Pinot Noir (rd. 21%) bestens im Einsatz.
Doch die größte Überraschung dieses doch recht reifen Champagners sind seine Duftnoten nach geschmortem Fenchel und Thymian. Sie begleiten den Zündholz-Duft, der uns bereits beim „Blanc de Blancs“ so gefallen hatte. Nur hier ist selbst die Rauchnote noch differenziert zwischen Sesamkörnern und Schwefelholz.
Ähnlich komplex geht es auch am Gaumen weiter bei diesem „Vintage 1996“. Hier hat er sich eine Überraschung aufgespart, denn die fruchtsüße Art war so nicht zu erwarten. Pomelo und Ananas bringen ein Wechselspiel aus saftiger Frucht und säurig-zestiger Frische zustande. An dessen Ende man an Albedo und Fruchtfleisch reifer Orangen zugleich denkt. Der lange und – mit einer weiteren Volte dieses Duval-Leroy – sehr mineralische Ausklang macht klar, dass man es nicht nur mit einem großen Schaumwein zu tun hat. Sondern mit einem großen Wein.
Bezugsquelle:
Champagne Duval-Leroy, Cuvée „Fleur de Champagne“ ist um EUR 39,90 zu haben, der Blanc de Blancs 2006 um EUR 49,90, „Clos de Bouveries“ Blanc de Blancs 2006 kostet EUR 89,99 und der rare „Femme de Champagne“ Vintage 1996 (in der Magnum) EUR 590, alle in den Wein&Co.-Filialen bzw. im Webshop, www.weinco.at