Es gibt sie noch die Entdeckungen in Sachen Wein. Vor allem, wenn man unaufgeregtes Weinmachen schätzt, folgt man am besten Einladungen abseits des Etiketten-Trinkens und der vinophilen Komfortzone. In diesem Fall kannte wer über fünf Ecken einen Winzer, den wieder wir nicht kennen – und schon sitzen wir gemeinsam im Hof bei Stefan Muntner. Der Weinbau in Purbach hatte in der Familie schon seit vielen Generationen Tradition, belegen Urkunden aus 1687 oder die Weinpresse aus dem Jahre 1888. Flaschen füllte man seit den 1950er Jahren – bis heute geht das Meiste der vier Hektar beim Weingut Muntner direkt ab Hof weg.
In eben jenem Hof schenkt der Winzer (siehe kl. Bild) uns ein, bei den Rotweinen entspinnt sich schnell ein Gespräch. Zumal der eingeschenkte Pinot Noir mit seinem speckigen Duft und der sortentypischen Beerenfrucht (Kornellkirsche und Erdbeereis) schon einmal sehr gut ausfällt. Und es ist nicht die einzige überaus kenntliche Sorte. Denn eine helle Randaufhellung begleitet einen Granatapfel-roten Blaufränkisch im Glas, der sehr fruchtig duftet – die Weichsel klingt hier bisweilen an junge Erdbeeren und Früchtetee an. Am Gaumen ist der 2020er „Classic“ saftig und sehr sortentypisch; ein dezentes Schwarztee-Bitterl und Orangenschalen fügen einen Touch „Earl Grey“ zum Leithaberger Sauerkirsch-Geschmack hinzu.
Die Steigerung in Sachen Blaufränkisch-Purismus stellt dann der im Barrique gereifte 2019er dar. Das Traubenmaterial stammt aus der ältesten Anlage des Weinguts, die 1956 noch der Urgroßvater gesetzt hat. Stefan Muntner verfolgt bei seinen kleinen Mengen einen einfachen, aber effektiven Keller-Stil. Je vier Fässer, ganz neue, einmalig, zweit- und drittbelegte Barriques, bilden die Basis, aus der jedes Jahr ein Blend herausgekostet wird. Denn das Holz soll nicht vordergründig sein bei diesem Tropfen aus alten Reben. Im aktuellen „Blaufränkisch Barrique“ ist denn auch gleich der Einlege-Kirschen-Duft da, der die Rebsorte anzeigt. Ein wenig Nougat umspielt die Frucht, aber insgesamt meldet schon die Nase den feinen Holzeinsatz.
Im Mund mengen sich florale Noten wie Hibiskus in den Sauerkirschen-Strom, der die Zunge trifft. Saftig und mit jugendlichem Charme ist dieser 2019er, der besonders mit einer markanten Säure punktet. Sie hat es locker durch die Holzreifung geschafft und garantiert noch lange Trinkfreude bei diesem Purbacher Roten. Final meldet sich ein animierender Gerbstoff, der von der rotfruchtigen Jugendlichkeit aber fast überdrippelt wird.
Über den Premium-Weinen, die Muntner „Black Town“ nach dem ungarischen Namen Purbachs („Feketeváros“ oder eben „schwarze Stadt“) nennt, steht dann nur noch eine Abfüllung. Die Cuvée „Stefanus 40“ ist eine Hommage an die Familie und verbindet die Sorten Blaufränkisch, Syrah, Cabernet Sauvignon und Merlot („der ist aber immer unter 10%“). Auch hier wird das System der vier Fass-Belegungen angewandt. Präsent im Duft ist zunächst klar der Cabernet Sauvignon; zwischen den verschiedenen Waldbeeren-Düften ist sein Johannesbeer-Geruch am stärksten. Doch die 2020er-Füllung öffnet sich auch erst langsam! Die Vanille des Fassholzes macht es den zarteren Brombeer-Tönen des Merlot nicht so leicht. Am spätesten kommen die Würzkräuter des Syrah durch – für Österreicher auf ewig mit „Sportgummi“ verbunden. Aber in diesem Fall auch mit Thymian-Touch.
Spannend lässt sich die Begegnung mit dem „Stefanus 40“ am Gaumen an. Die feine Säure des Blaufränkisch legt einmal vor, bis die Gerbstoff-Kick einsetzt. Cranberry und Espresso-röstige Töne kleiden dann den mittleren Gaumen aus. Der Abgang hingegen zitiert nochmals die Kräuterwürze. Das gibt der an sich kräftigen Cuvée eine gewisse Leichtfüßigkeit. Und allen Weinfreunden eine komplexe Melange, mit der man gern bei Blindproben überraschen kann. Und das sicher noch in acht Jahren auch.
Bezugsquelle:
Weingut Muntner, Blaufränkisch „Classic“ 2020 kostet EUR 7,30, die kräftigere Variante „Blaufränkisch Barrique“ 2019 ist um EUR 10,90 zu haben und die Cuvée „Stephanus“ 2020 um EUR 21, alle ab Hof bzw. via Homepage des Winzers, www.muntner.at