Nach den österreichischen Entdeckungen in der Wiener Markterei (hier zu finden), wird es Zeit für die Importe der Sip Society-Partner. Teil 2 der Lieblinge weist einen starken Frankreich-Fokus auf. Denn den haben bei der Verkostung vor allem Matthias Rauscher und Stefan Schauer (ja, der Winzer aus Kitzeck!) eingebracht. Als The Grape Gallery widmen sie sich der Rhône und ihren Nachbarn, etwa der wildromantischen Ardèche. Dort findet sich am Plateau von Saint-Péray eines der Terroirs, das von der Domaine de Lorient bewirtschaftet wird. Der Granitboden prägt die Weine in besonderem Maße. Das zeigt auch der 2022er „Saint-Péray“, eine Assemblage aus Roussanne (70%) und Marsanne (30%). Reichlich pikante Noten durchziehen den Duft ebenso wie später den Geschmack. Ananas und gelbe Habanero-Chilis verbinden sich mit Borretsch und Senfgurke zu einem ausgeprägt würzigen Duftbild.
Zarte Bitternoten und viel Kräuter-Ausdruck machen auch den Erstkontakt mit der Zunge zu einem intensiven Eindruck. Doch die wahre Attacke und den Tiefgang hebt sich dieser Weißwein für das letzte Drittel auf. Birne und braune Senfsaat, dazu Misopaste und gegrillte Melanzani, ergeben einen stoffigen Eindruck, den ein zart salziger Eindruck abrundet. Der Empfehlung von Laure Colombo und Dimitri Roulleau-Gallais zu ihrem „Saint-Péray“ kann man nachvollziehen: Schafkäse. Aber auch zu einem saftigen Hühnerspieß hat dieser ungewöhnliche, auf 500 Metern Seehöhe wachsende Wein seine Berechtigung.
Der zweite Wein stammte aus dem Châteauneuf du Pape. Und hat international eine große Fangemeinde. Bei „Donjon“ und Frankreich denken Comicfreunde an die Serie von Lewis Trondheim, Joann Sfar, Christophe Blain und Manu Larcenet, Weinkenner an Le Vieux Donjon. Denn man hält es simpel bei der Familie Michel. Ein Weißwein, ein Roter, c’est ça! In der Grape Gallery hatte man den Jahrgang 2022 am Start, der die roten Sorten der Rhône feiert: Über 70% Grenache Noir, ergänzt von Syrah und Mourvèdre (je 10%), die von Cinsault und weiteren kleineren Anteilen alter Sorten.
Wie frei dahinfließender Kirschsaft breitet sich die Cuvée am Gaumen aus. Wobei man auch den Nachdruck von Portwein, also konzentrierte herb-säurige Noten und einen Anflug Schwarzer Nüsse merkt – jung und eingekocht zugleich wirken die roten Früchte. Diesen Gegensatz, der Spannung mit sich bringt, setzt der Geschmack fort: Weich und mit dem Gerbstoff in Front legt der Mix aus Weichsel-Fruchtfleisch, tiefgreifenden Kaffee-Noten und einem nussigen Anteil los. Der Nachklang ist ein satter, etwas erdiger Geschmack, der eine nostalgische Ader kitzelt: „Old School“- Rhône-Geschmack. Der kommt wie ein Zitat zum Vorschein. Würziges Wildfleisch (Hirschwurst) sendet dann den letzten Gruß dieses noch jungen „Vieux Donjon“.
Und dann war da noch das Weingut Clément Lavallée, das Kostraum in der Markterei vertrat. Wobei mit Caroline Lavallée eine Auskennerin aus Chablis gekommen war. Als Schwester des namensgebenden Winzers sorgt sie seit 2019 – dem Start des eigenen Weinguts – für die Vermarktung. Bereits beim „Villages“ der Geschwister zeigt sich der gekonnte Einsatz der Reduktion; Säure und Pikanz machen diesen Einstieg schon interessant. „unsere Weinstöcke haben immer Stress“, sieht „Caro“ Lavallée darin auch ein Geheimnis für den Tiefgang der Produktion des Weingut. Am markantesten fällt das beim „45°“ aus. Es ist ein Chablis, der seinen Namen der Hang-Neigung verdankt. Vor allem aber ist es ein Wein, dessen Spiel aus reduktiven Noten und Tropenfrüchten – vor allem Mango – um eine Tiefendimension erweitert wird. Wie die getrockneten Früchte aus einem Panettone duftet dieser zart rauchig unterlegte Chardonnay.
Die feine Klinge am Gaumen ist dann noch erstaunlicher; man denkt an Salzkräcker bei den Eindrücken zarten Gebäcks und saliner Noten. Das Salz ist aber nur ein Teil der belebenden Elemente dieses 2022ers – auch Pomelo und Grapefruit bringen ihren Säure-Biss mit ein. Fast schneidend präzis ist der Geschmack von Zitrusfrüchten und (deutlich weniger ausgeprägt) von Granny Smith bis in den Hall präsent. Ein echter Favorit zu Austern ist damit gefunden! Eine Wahl, die auch Caroline Lavallée goutiert. Merci bien!
Bezugsquellen:
Domaine de Lorient, Saint-Péray 2022 ist um EUR 25,10 zu haben;
Le Vieux Donjon, 2022 kostet EUR 39,60 – beide per Mail-Order an The Grape Gallery verfügbar, https://thegrapegallery.com/
Clément Lavallée, Chablis „45°“ 2022 wird beim Kostraum angeboten, www.kostraum.at