Mit diesem Trinkprotokoll setzten wir eine kleine Serie fort, die wir aber nicht extra ausgeflaggt haben. Wie im Sommer 2021 die heimischen Whisky-Brenner, stehen heuer die heimischen Cultur-Brauer am Reiseprogramm mit Pichel-Stopps. Der Auftakt mit Mohren in Dornbirn machte deren Eisbock und auch auf der „nördlichen“ Tour nach Zwettl (NÖ) und Freistadt (OÖ) standen intensive, Malz-dominierte Biere im Fokus. Das ist kein Zufall. Denn während sich Industriebrauereien gerne den sicher verkaufbaren Stilen – gut 70% des heimischen Absatzes entfällt halt auf „Märzen“ – widmen, pflegt man hier eine Vielfalt, die Bierkultur abseits der „sure shots“ pflegt.
In Zwettl etwa wartete das wohl rauchigste Bier des Landes auf die Kenner: In der schmucken Kleinflasche kommt das „Black Magic“ in seiner Fass-gereiften Version daher. Als heimische Variante eines Porter ist das schon kein aromatisches „Zarterl“, doch das Fass mit dem 18-jährigen Whisky von Hermann Rogner hebt es in gelagerter Version auf eine neue Ebene. Der Effekt des „Old John“ (den wir hier schon als ältesten Austro-Whisky lobten) ist erstaunlich: Denn das Bier wirkt noch rauchiger, als es der Torfmalz-Single Malt aus der Brennerei von Roiten selbst war: Rauchig wie ein Islay-Malt ist diese „Black Magic“-Sonderedition schon im Duft. Dabei prunkt sie am Gaumen mit Malzsüße und der in Rudimenten immer noch zu erkennenden Kohlensäure. Nachdrückliche 11,1% Alk. lassen diesen Schuck noch lang nachklingen.
Mächtig ist dann auch der Ersteindruck von der nächsten Braustätte, in Freistadt nennt man das Entrée nur „die Kathedrale“. Der barocke Industriebau ist ebenso einzigartig wie die Rechtsform dahinter. Die „Braucommune“ gehört 150 Grundbesitzern, rechtlich spricht man von einer Realgemeinschaft, auch wenn es längst nur mehr diese eine Firma auf Basis des Hausbesitzes in ganz Europa gibt. 1770 wurde diese Rechtsform, die jedem Haus seinen Anteil in Eimern Bier zumisst, begründet. Womit unlängst das 250 Jahr-Jubiläum von Freistädter Bier anstand, auch wenn in der Mühlviertler Stadt weit länger gebraut wurde.
Das Jubiläumsbier, das Johannes Leitner 2021 einbraute, verrät schon mit seinem Namen einiges über seinen Stil. Denn seit die Paulaner Brauerei ihren „Salvator“ als Doppelbock braute, gilt die Endung „-ator“ dann als erlaubt, wenn ein Bier eine Stammwürze von zumindest 18° Plato (entspricht 8% Alkohol) erreicht. Im Falle des „Imperator“, wie die Freistädter ihr Jubiläumsbier nannten, hält man bei 8,2% Alk. und darf sich die Premiere eines österreichischen „-ator“ auf die Fahnen heften.
Der Clou an diesem Doppelbock besteht in einer Spezialität der Brauerei, die bekannt für prononcierte Hopfengaben ist. Auch hier sind es 28 Bitter-Einheiten (IBU), die dem relativ hellen Malz und seiner Süße Paroli bieten. Die Nase meldet bei dem orange schimmernden „Imperator“ auch sofort Stollwerck, für Schweizer vermutlich „Rahmtäfeli“ und für Bretonen Salzkaramell. Süßer Cornflakes-Duft bringt etwas röstige Zerealien-Noten ein, über allem schwebt ein merklicher Duft von Kastanienhonig.
Der Antrunk des „Imperator“ überrascht mit einer guten Rezenz – wie Profis den Eindruck der Gärkohlensäure nennen. Der Mittelteil bringt wieder Honig-Lebkuchen mit, auch die Gewürze sind da, allerdings ohne Zimt, vielmehr kommt Hirschhornsalz und Piment durch. Der wärmende Alkohol ist gut verpackt, erst ganz am Ende erkennt man diese Umhüllung der malz-süßen Kraft: Es war der Hopfen. Eine feine Bittere rundet final diesen Doppelbock mit einer überraschend hohen „drinkability“ ab. Die Anekdoten im angeschlossenen Brauhaus berichten von drei „Hoiben“, die davon pro Gast im Sommer bestellt wurden.
Der Erfolg des an sich limitierten 250 Jahr-Bieres gab der Brauerei jedenfalls recht – den „Imperator“ gibt es nun als Teil des regulären Sortiments. Eine starke Empfehlung stellt er zum Gegrillten – sofern kein Rind oder Lamm im Spiel ist – dar. Souvlaki oder Hühner-Spieße, gerne auch mit schärferen Marinaden, begleitet der „Imperator“ kaiserlich gut!
Bezugsquellen:
Privatbrauerei Zwettler, „Magic Old John“ ist um EUR 8,90 (0,33 Liter-Flasche) im Webshop der Brauerei zu beziehen, https://shop.zwettler.at
Freistädter Bier, „Imperator“ (heller Doppelbock) ist um EUR 2,99 (0,33 Liter-Flasche) bei My Product im Webshop zu haben, https://mybier.myproduct.at