Es hat schon Tradition: Kaum ist der Flieger mit der ersten Ernte der indischen Tee-Region Darjeeling gelandet, macht sich in Norddeutschland ein Paket auf den Weg. Rainer Schmidt, der Gründer von Hanse-Tee, gewährt gerne eine Kostprobe seiner Schätze und dieses Mal meint der kritische Kenner, die Ernte sei „hervorragend ausgefallen“. Einen Brühvorgang später können wir dem zustimmen. Denn der „1st Flush Darjeeling Namring“ mag einen langen Namen haben – er fordert vor allem aber eine entspannte Trink-Gelegenheit.
Die erste Ernte, die als „Flugtee“ zu uns gelangt, hat einen besonderen Zauber, der will aber auch verstanden sein. Denn die subtilen Noten dieses Schwarztees haben mit den kräftigen Ernten späterer Jahreszeiten nichts zu tun. Wie pures Grün duftet dieser „First Flush Darjeeling Namring“ – Noten von Spinat, erdige Töne und ein Hauch Wasserkastanie steigen aus der Tasse.
Der Lärm der Welt, der angeblich beim Teetrinken draußen bleibt, hier stört er tatsächlich. Denn das ist kein übersüßter Früchteaufguss, auch kein bitterer Grüntee oder ein kräftiger Schulterklopfer von einem Schwarztee. Vielmehr ist es ein Schluck, der einen mit der Natur verbinden kann, wenn man derlei Denken schätzt. Weniger animistisch ausgedrückt: Die zarte Klee-Note, die am Ende auch etwas Honig hinterläßt am Gaumen, verbindet sich mit Papiernuss und gedämpfter Kastanie. Das alles sind Geschmäcker, die an den Beginn von etwas erinnern – die das Wachstum selbst, das Werden von etwas, ausdrücken. Wer das schmecken kann, hat mit dem aktuellen Flugtee seine Freude – wenn ihn die Welt in Ruhe läßt.
Rainer Schmidt hat auch eine Alternative beigepackt, die ihn an Darjeeling erinnert, aber auch günstiger ist als der „First Flush“. Der „Croppy Dooars Putharjora“ in Bio-Qualität stammt vom Fuss des Himalaya und er bringt vergleichsweise intensive Duftnoten nach roten Blüten und Früchten – Apfelschale und Kirschblüten – mit. Die Tasse ist etwas dunkler und auch herber als der Darjeeling, die gedämpfte Esskastanie finden wir aber am Gaumen wieder. Für uns kommt auch ein leichtes Rispentomaten-Aroma durch, das an den geklärten, weißen Tomatensaft erinnert. In jedem Fall ist auch das ein so genannter „Selfdrinker“, wie Schmidt gerne trinkanimierende Tees nennt. Mit seiner leichten Rauch-Note, die sich auch wieder nur beim „Zuhören“ für die Aromenerzählungen des „Croppy Dooars Putharjora“ einstellt, bringt er auch im Ende noch eine Überraschung. Auch wenn der Lautstärkepegel gegenüber der stillen Tassenmeditation des „First Flush“ hier zumindest auf Mindeststärkegedreht wurde.
Bezugsquelle:
Hanse-Teehandel, „1st Flush Darjeeling Namring“ ist um EUR 15,60 (100 Gramm-Packung) erhältlich, der „Bio croppy Dooars Putharjora“ kostet EUR 11 (100 Gramm), beide bei www.teeverkostungen.com