Dass unter den 13 Mitgliedern der „Renommierten Weingüter Burgenland“ (RWB) auch die Rotwein-Elite des Bundeslands zu finden ist, eröffnet bei der alljährlichen Präsentation in Schloss Esterházy einen Run auf Blaufränkisch und die Cuvées. Kennt man die Winzer und ihr Sortiment gut – und agiert nicht nach dem Staubsauger-Prinzip „möglichst viel in kurzer Zeit einsaugen“ – erstaunte heuer aber vor allem das Weißwein-Angebot.
Zumal etwa Reinhold Krutzler (kl. Bild links) aus dem Südburgenland erstmals seinen „Alter Weingarten“ mitgebracht hatte. Die Cuvée aus der Lage Hummergraben bringt Weißburgunder (rund 70% im Blend) mit Riesling, Grünem Veltliner und Welschriesling zusammen. Der Pacht-Weingarten verläuft über die ganze Länge der Riede beim Aussichtsturm, was Lehm ebenso wie kargere, mineralische Bodenanteile mitbringt. Entsprechend rauchig zeigt sich der 2017er zu Beginn in der Nase. Malzkaffee, Zitronen-Zeste und auch zarte Banane zeigen schon einen vielschichtigen Weißwein an.
Krutzlers Erstling aus dem Hummergraben (2016 fiel dem Frost zum Opfer) beginnt saftig, Kumquats und Gelbe Paprika sorgen für eine würzige Mischung am Gaumen. Ein zartes „Nusserl“, wohl ein Erb-Teil des Welschrieslings, ergänzt die Steinobst-Noten, die an Nektarine erinnern. Die im Hintergrund lauernde Pikanz bewirkt, dass der „Alte Weingarten“ mächtig appetit-anregend wirkt. Krutzler jedenfalls weiß, was er an diesem Wein hat – er kostet sogar ein wenig mehr als der „rote“ Alte Weingarten des Jahrgangs (über ihn wird in Teil 2 unserer RWB-Notate berichtet!).
Beachtlich, vor allem im Vergleich mit Jahrgängen wie 2009 oder 2011, fällt aber auch die neue Welt bei jener Sorte aus, die von Deutschkreutz bis Gols die RWB-Winzer eint. Der Chardonnay hat in der Winzervereinigung einige der größten Kraftlackeln dieser Sorte heranwachsen lassen. Das Umdenken bei der Maischestandzeit (länger und intensiver in Sachen Tannin-Auslaugung) und dem Holzeinsatz (weniger und eleganter) war spürbar bei den 2017ern. Vor allem aber brachten fast alle eine Salzigkeit im Abgang mit, die enorm attraktiv und trinkanimierend wirkte.
Aus zwei Lagen – dem Reisbühel und dem bekannten Großhöfleiner Chardonnay-Grund Tatschler – stammt Alexander Leberls „Leithakalk“ 2017. Der Name ist hier gleichzeitig Programm; auf die animierenden Düfte von Bergamotte, Sesam, Salzmandeln und Kreide (letztere drei sind „Mineralik“-Indikatoren) folgt ein saftiger Auftakt. Gelbe Früchte im Übermaß, vor allem Mango, je länger der „Chardo“ atmen darf, sind aber nur eine Facette. Denn Kurkuma und Weißer Pfeffer sorgen für mehr als nur einen Anflug von Würzigkeit. Dieser herrlich „bremselnde“ Ausklang bereitet nicht nur Freude, er regt auch ordentlich den Appetit an.
Dass das Kunststück auch im älteren Jahrgang 2016 gelingt und von einem mit Kalk durchsetzten, aber im wesentlichen Löss/Lehm enthaltenden Boden bewerkstelligt werden kann, zeigte das Ruster Weingut Triebaumer. Wer den alten „Pandkräftn“ kannte, einen Powerwein mit deutlichem Holzeinsatz, wird sich nicht nur ob der neuen Schreibung „Bandkräftn“ beim 2016er Chardonnay wundern. Spontan vergoren wie alles bei Herbert Triebaumer, gaben zwar 500 und 1000 Liter fassende Holzfässer den Schliff, doch die Nase prägt Anderes. Nachdem die ersten „Sponti-Noten“ verklingen, erwachsen zarte Blüten und Kräuter (Zitronenmelisse zum Beispiel). Feiner und fast zart bei seinen doch 13,5 Volumsprozenten legt es der „Bandkräftn“ auch am Gaumen an: Kamille, Salz-Zitronen wie aus einer Tajine und auch hier wieder eine Dosis vom Weißen Pfeffer sorgen für Zug. Das stellt einen markanten Stilwandel gegenüber früheren Jahrgängen dar – allerdings einen, der den Wein in seiner Jugend schon weit zugänglicher macht.
Pfeffer aus Gols, Salz aus „Kreitz“
„Mouthwatering“ würden die Amerikaner das Ergebnis nennen, erklärt Axel Stieglmar (recht im Bild) dann einen Stand weiter. Es geht da schon um seine Chardonnay-Reserve 2017. Die Sorte wird gerade neu aufgestellt, das Material vom Mittelteil des Altenberg soll später als Lagenwein vermarktet werden, dazu wird es weiter die Reserve geben. Im Jahrgang 2017 kommen die Trauben vom Altenberg noch in die „Alten Reben“, einen an Gelbe Kiwi und Kümmel (man denke an Käse-Oblaten!) erinnernden, recht naturbelassenen Wein mit schönem Frucht-Säure-Spiel.
Die Reserve aber zeigt wieder den neuen Stil, der für Stiegelmar von einer Kombination aus langem Kontakt mit der Hefe und Fasseinsatz geprägt wird. „Das Ergebnis ist manchmal diese Salzigkeit“, bestätigt der Chef des Golser Weinguts Juris unseren gefühlten Eindruck vom „Salz&Pfeffer“-Jahrgang 2017. Denn der in 100% neuen, kleinen Holzfässern ausgebaute Chardonnay duftet vielleicht erwartungsgemäß nach Nougat und Tropenfrüchten wie Ananas und Mango. Doch die dickeren Beerenschalen bringen auch ordentlich Gerbstoff und die besagte Pfeffrigkeit im Finale mit. Leichtfüßigkeit, die man im Duft nicht so erwartet hätte, zaubert mit dem exotischen Fruchtschmelz ein Lächeln auf den Verkoster-Mund.
„Wir mögen dieses Salzige sehr gerne“, bestätigt auch Silvia Gesellmann. Die Deutschkreuzerin hat den „Steinriegl“, für uns Mittelburgenlands Parade-Weißwein, des würzebetonten Jahrgangs 2017 eingeschenkt. Sesam pur, dazu eine duftige Blüten-Sammlung (Magnolie vor allem) und Pink Grapefruit-Fruchtfleisch zeigen sowohl seine Rauchigkeit, als auch die Finesse an. Der Kostschluck bestätigt das. Fein und würzig zu Beginn, nimmt das Spiel aus Fruchtigkeit (Papaya) und Würze seinen Lauf: Mal denkt man an Gelbe Paprika in einer Peperonata, dann an saftige Ananas, im Abgang wird daraus ein salziger Touch mit leichtem Umami. Ja, nach alle der exotischen Frucht-Pracht sind es getrocknete Tomaten, die bei Gesellmanns Chardonnay nachhallen. Und nebenbei wie so viele 2017er Chardonnays der RWB-Runde mächtig hungrig machen.
Bezugsquellen:
Weingut Krutzler, Cuvée „Alter Weingarten“ 2017 kostet ab Hof EUR 25, www.krutzler.at
Weingut Leberl, Chardonnay „Leithakalk“ 2017 ist um EUR 15 ab Hof bzw. im Web-Shop erhältlich, www.leberl.at
Weingut Ernst Triebaumer, Chardonnay „Bandkräftn“ 2016 ist um EUR 26,90 beim Weinhandelshaus Döllerer erhältlich, www.weinhandelshaus.at
Weingut Juris, Chardonnay Reserve 2017 ist um EUR 22 im Webshop der Stieglmars erhältlich, https://shop.juris.at
Weingut Gesellmann, Chardonnay „Steinriegl“ 2017 kostet EUR 21 ab Hof bzw. im Shop, https://www.gesellmann.at/shop/