Vieles wird zum symbolischen Akt durch Corona. Auch die Förderung der Jungwinzer, mittlerweile seit über einem Jahrzehnt Anliegen der Schlossquadrat-Trophy, steht 2020 mehr denn je als Leuchtturm da. Eine Auszeichnung, an der sich Newcomer-Winzer ebenso orientieren wie Weinfreunde, die neue Gesichter und Geschmäcker suchen. Es stand daher außer Frage für Organisator Jürgen Geyer vom namensgebenden Wiener Lokal-Geviert, auch heuer den Besten unter 30 Lebensjahren zu küren.
Für die Fachjury, der wir Trinkprotollanten seit langem angehören dürfen, war es nach dem Lockdown die erste Verkostung abseits von Zoom-Meetings und anderen Online-Schlürfereien. Heureka! Und es gab sogar einen Bonus: Die Winzer (heuer blieb das Fünfer-Team der Finalisten wieder rein männlich) mussten sich als Regisseure ihres eigenen Videos betätigen. Knackig und bündig wie seine Weine legte es etwa Hannes Anderl – der 20-jährige Chef am Weingut Anderl war der jüngste der 2020er-Trophy-Anwärter – aus dem Kamptal an, während Thomas Stopfer vom gleichnamigen Wagramer Betrieb rustikal-witzig erklärte, warum Magnum-Flaschen besser zu ihm passen. In der Weststeiermark wiederum meldete sich neben Michael Strohmeier immer wieder der Hahn des Schilcher-Spezialisten lautstark als Ko-Kommentator.
Wie man „Sortentypizität in den Vordergrund stellt“, war beim Video von Paul Zimmermann aus Radlbrunn zu lernen – von seinem Weingut kam ein hocharomatischer Muskateller und Sauvignon Blanc ins Glas. Denn wie in Virus-freien Jahren entschied sich die Jungwinzer-Trophy anhand von zwei Weinen pro Nachwuchs-Hauer. Für den Sieg aber war ein Roter Veltliner maßgeblich verantwortlich – Daniel Jungmayr hatte ihn aus dem südwestlichen Weinviertel, hart am Wagram, mitgebracht. Der „Ried Hochstrass“ des Jahrgangs 2018 zeigte einen so meisterlichen Umgang mit der rasch zu üppig werdenden Rarität, dass man merkte, wie sehr der 30-Jährige sein Handwerk versteht.
Den typischen Papaya-Noten im Duft und der überreifen Ananas stand hier eine feine Säure gegenüber, die gegen die Breite ankämpft. 13,5% Alkohol (vermutlich schon abgerundet) bekamen dadurch Lebendigkeit. Bei all dem Schmelz von Orangenfruchtfleisch und der nachdrücklichen Kraft vibrierte dieser Wein innerlich. Nicht vor Bedeutung, sondern vor Spannung. Das perfekte Stichwort zum Wein lieferte Schlossquadrat-Vorjahres-Siegerin Kerstin Schwertführer: „Balance“! Genau diese stellt der Ebersbrunner Winzer bei diesem 2018er her.
Wie ein Grammelschmalzbrot, das schmeckt, aber fettarm ist – ähnlich schwer ist dieses Kunststück beim Roten Veltliner. Und Jungmayr krönte es mit einem zart kräuterwürzigen Finale, das an Arnika und andere Alpenkräuter anstreifte. Für uns nicht weniger als der Wein des Jury-Nachmittags! Da auch der andere Wein aus dem Weingut Jungmayr klare Kante zeigte – es war der Weinviertel DAC „Ried Spiegel“ – war der Sieg kaum mehr gefährdet. Zumal Francis Ford Jungmayr auch beim Video-Selfie sichere Hand bewies. Video-Kritiken sind noch nicht unser Metier, zum Veltliner „Spiegel“ 2019 lässt sich aber sagen, dass der Duft nach Marillen, Nougat, Apfel und ein wenig Zimtrinde ein perfektes Glas für den Offenausschank darstellt. Wohl dem Wirten, der so einen Nasen-Wein „ausachtelt“!
Lebendig, wenn auch zart dropsig im Beginn, bringt er gute Säure (fast sechs Gramm für Analytik-Nerds) mit, die einmal eine Schneise fräste für den Trinkfluss. Auf diesem frischen Geleise fährt dann der „Golden Delicious“-Express ein. Er bringt etwas Zitruszeste mit, aber auch Schmalz genug (13% stehen beim Lagen-Veltliner 2019 zu Buche), um nicht mit einem Spritzwein-GV verwechselt zu werden. Hier war die Jugend – des Weines, nicht des Winzers – noch zu merken. Mit seinem wohlfeilen 2018er feiert Jungwinzer Daniel Jungmayr hingegen schon das Maturajubiläum der Klasse „Roter Veltliner“. Den Sieg in der 11. Schlossquadrat-Trophy sowieso. Bitte den Namen merken!
Bezugsquelle:
Weingut Jungmayr, Grüner Veltliner „Ried Spiegel“ 2019 ist um EUR 7,50 zu haben, der Rote Veltliner „Ried Hochstrass“ (Reserve) 2018 kostet EUR 10, beide im Webshop des Jungwinzers des Jahres 2020, www.jungmayr.at