Nein, wir heißen weiter Trinkprotokoll und nicht Comic-Seite, Bücher-Liebling oder Spatzenpost. Aber nach längerem Ringen siegte doch der Wille, den als Präsent aus Brüssel eingelangten Band vorzustellen, als wäre er ein feiner Wein. Denn eigentlich ist er mehr als das, er zeigt französischen Nationalstolz, burgundisches Terroir (samt dem Kampf, es als UNESCO-Welterbe zu deklarieren) und die asiatische Nachfrage nach den Weinlegenden aus Bordeaux – und vor allem: – Burgund. Allein, wie der stille Star des französischen Weinbaus, Aubert de Villaine von der Domaine Romanée-Conti (DRC), am Cover porträtierte wurde, zeigt, dass Benoist Simmat und Philipppe Bercovici ihr Metier verstehen.
Seit drei Bänden arbeitet das Duo aus dem Journalisten Simmat, der sein erstes „Scénario“, also die Storyline für den Zeichner, „Die sieben Todsünden“ nannte, und dem bekannt schnellen Zeichner Bercovici zusammen. Der Band – wie alle Werke leider nicht ins Deutsche übersetzt – zeichnete ein satirisches Bild des Einflusses von Punkte-Vergeber Robert Parker (siehe Ausschnitt nebenan) aus französischer Sicht.
Band 2: Die Milliardärs-Weingüter
Ebenfalls recht kritisch, wenn auch mit dem fehlenden Insiderwissen des Nicht-Franzosen schwerer zu verstehen, gestaltete sich die zweite Zusammenarbeit: „Le Cave du CAC 40“ erschien ebenfalls bei Vents d’Ouest und porträtierte die Weingüter dreier französischen Milliardäre. Printemps-Besitzer François Pinault etwa hätte 21 Millionen Euro (!) für seinen Weinberg in Montrachet bezahlt (kaufte aber nur 420m²). Dazu kommt mit dem Besitzer von Château Montrose, Martin Bouygues, der sich in Saint Estèphe einkaufte, als Dritter im Bunde der Louis Vuitton-Herrscher Bernard Arnault (der auch Château Yquem dirigiert).
Im dritten Teil der gezeichneten Hommage an den französischen Weinbau hat Pinault, der auch sechs Hektar der burgundischen Domaine Engel besitzt, einen kleinen Auftritt. Als Nachbar von Aubert de Villaine wird er anläßlich des Verschwindens des legendären DRC-Miteigentümers befragt. „La Romanée Contée“, so der wortspielerische Titel des neuen Comics, bietet auch ein Wiedersehen mit Robert Parker.
Band 3: Asien kopiert Burgund
Für die von Präsident Hollande in einer geradezu österreichisch anmutenden bürokratischen Befehlskette beauftragten Ermittler Arsène Pinot und Clothilde Ping spielt Parker den Fremdenführer in Hongkong. Denn die Spur führt die beiden Ermittler nach Asien, schließlich war es der Zauberer eines chinesischen Gastes, der de Villaine „verschwinden“ ließ – und das vor den Augen der auf Clos de Vougeot versammelten Weinritter.
Dort hätte der 75-Jährige zum „Winzer des Jahrtausends“ gekürt werden sollen. Den entscheidenden Hinweis auf den Verbleib des französischen Starönologen gibt dann der – ebenfalls real existierende – Casino-Tycoon von Macao, Stanley Ho. Der 93-jährige erklärt den französischen Ermittlern, dass die chinesische Regierung an einem Pinot noir arbeitet, der besser werden soll als die DRC-Gewächse. Der Showdown der Domaine Romanée-Conti gegen das KP-Weingut „Weißer Drache“ beginnt. Geführt wird es von tibetischen Mönchen in Shangri-La….
Bei aller Phantasie, die mit dem Duo durchgeht (oder war’s der Rotwein?), zeichnet – im wahrsten Sinne des Wortes – der Band ein treffendes Bild des globalen Wein-Marktes: Die nachgebauten Châteaux der Chinesen sind genauso da, wie die Versteigerungen in Hongkong und die Biodynamie, auf die de Villaine mit seiner Kuhhorn-Sammlung setzt. „Zum Blödsein g’hört a Hirn“, hätte der Kärntner Weinakademiker Wolfgang Schmid gesagt, und das trifft es genau: Ein 64-seitiger Comicspaß voller Intelligenz und guter Recherche (man sehe sich nur das Porträt von de Villaines Neffen oder Parkers an), der leider nur auf französisch vorliegt, dafür aber deutlich günstiger als die billigste Flasche aus Beaune zu haben ist!
Bezugsquelle:
„La Romanée Contée“ von Simmat/Bercovici ist – wie die anderen beiden Bände – um EUR 12,50 im Webshop von Vents d’Ouest erhältlich, www.ventsdouest.com