Der Auftakt war bereits ein gutes Omen. Stiegls neues „Hausbier“ trägt die Nummer 54 – Jahrzehnte auch meine Hausnummer. Die limitierten, meist nur zwei Monate angebotenen Salzburger Biere sind die Schöpfung von Kreativbraumeister Markus Trinker. Der winterliche Auftakt in diesem Jahr wurde bei ihm ein „Cherry Stout“. Für Biergenießer, denen die technischen Details nicht so wichtig sind, fassen wir es mal als dunkles Bier mit Fruchtnote zusammen. Die Mischung von Malz, Hopfen und Bier kennt man an sich vom belgischen „Kriek“ (wir schrieben hier darüber). Doch in diesem Falle ist das Schoko-Malz im Spiel, also die dunkle Röstung, die sich schon allein auf die Farbe des „Toll:Kirsche“ genannten Hausbiers Numero 54 auswirkt.
Mit „Rubinschwarz“ hat das Cherry Stout sogar eine eigene Farbnuance zugeschrieben bekommen – und sie beschreibt das dunkle Rot-Anthrazit im Glas gut. „Die Kombination aus Röst- und Schokonoten in Verbindung mit Kirschgeschmack prägt das Bierexperiment, das es so in der Alpenrepublik noch nie gegeben hat“, schildert der Braumeister seine Intention dahinter. Die Rohstoff stammen natürlich wieder vom mustergültigen Gut der Stieglbrauerei in Wildshut. Der Weizen etwa, der gemälzt ebenso Verwendung in der Würze des obergärigen Biers fand wie Gerstenmalz.
Der Duft erinnert an Weinbrand-Pralinen; die dunkle Schokolade verbindet sich mit eindeutig roten Früchten. In der ersten Nase wirkt das mehr wie Erdbeere, denn Kirsche. Dazu kommt Radicchio und Hibiskus – womit die beiden Gesichter des 6,6% Alk. starken Biers gezeigt wären: Zum einen herbe, fast röstige Noten, zum anderen Frucht. Das Weizenmalz sorgt für ein cremiges Mundgefühl, dessen Gegenspieler aber eine lebhafte Kohlensäure ist. Merke: Nicht jedes Stout muss wie flüssiger Kaffee-Indianer am Gaumen haften! Hier sorgt auch die nunmehr klar als Weichsel erkennbare Frucht für Unterstützung des Trinkflusses. Gebraut wurde nämlich mit Sauerkirsch-Saft und das zeigt sich nunmehr in der Frucht, die aber keine Süße aufweist.
Auch so bricht dieser Geschmackszug die bitter-schokoladige Kraft des Stouts. Wie groß die Schnittmenge zwischen jenen ist, denen Kriek zu süß, Stout zu bitter ist, entzieht sich unserer Bier-Mathematik. Klar ist aber, dass man hier zwischen den beiden Bierstilen, an die man sofort denkt, einen dritten Weg gefunden hat. Weniger limonadig-fruchtig als die belgischen Kirschbiere, aber auch weniger edel-herb als klassische Stouts, ist dieses „Toll: Kirsche“. Doch auch Freunde des schwarzen Schaums werden versöhnt. Sie finden das Stilvorbild wieder; denn das lange Finale dieses Kreativbiers gehört den Espresso-bitteren Noten des Chocolate-Malzes. Und es dauert lange an!
Dass es das „Hausbier“ stets in der 0,75-Liter-Flasche gibt, ist ein Vorteil. Denn auch das „Toll: Kirsche“ ist ein feiner Speisenbegleiter. Entenleber auf Pumpernickel, Risotti, aber auch Käse (reifer Epoisses oder Langres wären unsere persönliche Empfehlung) sollte passen. Da kann man getrost jedes Chutney weglassen. Und lieber noch einen Schluck in „Rubinschwarz“ nachgießen!
Bezugsquelle:
Stiegl, Hausbier „Toll: Kirsche“ ist um EUR 41,40 (6 Flaschen zu 0,75 Liter) bis Ende Februar 2021 im Webshop der Salzburger Brauerei erhältlich, www.stiegl-shop.at