Wie stand der ATX 2006? Mitunter reicht da ein Blick auf das Weinetikett. Denn mittlerweile finden sich 27 Börsenjahre auch im Weinkeller wieder. Und es sind ausschließlich burgenländische Weine, die für den „Barrique de Beurse“ in Frage kommen. Seit die heimischen Aktienhändler unter Leitung von Johann Wanovits (Blue Rock Capital) 1991 ihre erste Cuvée füllten, gab es 18 Bullen-Jahre (der Stier steht für insgesamt steigende Börse) und 10 Bären-Jahre, die ein mieses Kursjahr symbolisieren. Mit Ausnahme von 2002 wurde jedes Jahr auch ein Wein dazu gefüllt. Die Performance des Jahres ist insofern relevant, weil der Börsianer-Jargon auch die Etiketten-Gestaltung dieses privaten Rotweines prägt.
In einer künstlerischen Interpretation findet sich eines der beiden Tiere immer am Label. Das kann ein Bullen-Photo sein (bei Markus Altenburgers 2015er „BdB“, hier beschrieben) oder ein Teddybär (ihn verwendete Claus Preisinger; die Kostnotiz des 2014ers steht hier). Doch bevor es zur Füllung der roten Cuvée kommt, schwärmt die Findungskommission aus. Sie beurteilt die Fassmuster der in Betracht gezogenen Winzer. Die beste Durchschnittswertung ergibt dann denn Betrieb, der die gut 2500 Flaschen des „Barrique de Beurse“ kreieren darf.
Das heuer „erkostete“ Weingut passt genau zur urspünglichen Idee der Börsianer: „Bekannt, aber noch nicht sehr bekannt“, sollten die Wunschkandidaten sein, so Hans Wanovits. Und mit dem 2018er, der jetzt via Zeichnungsschein gehandelt wurde (im freien Verkauf sind immer nur Restmengen beim jeweiligen „BdB“-Winzer) hat man einen Partner gefunden, der gerade durchstartet: Für den Rosé von Pia, Patrick, Andy und Monika Strehn mit dem schönen Namen „Elefant im Porzellanladen“ gab es 93 Punkte bei Falstaff, der Blaufränkisch „Irrgarten“ 2018 gewann auch beim Rotwein-Grand Prix des Fachmagazins. Zudem kehrten die Wein-Trader mit dem mittelburgenländischen Weingut Strehn zum siebenten Mal in Deutschkreutz ein.
Die Cuvée selbst besteht aus 30 % Cabernet Franc, 30 % Cabernet Sauvignon, 30 % Merlot und 10 % Blaufränkisch des Jahrgangs 2017. Sie reifte im neuen Eichenholz über 18 Monate. Originell ist das Etikett, das den Börsen-Zoo um einen Saubär erweitert. Das Schwein, das Niki Eberstaller entworfen hat, spielt auf den Jahresregenten des Chinesischen Tierkreises ebenso an wie die Strehn’sche Glückssträhne (-strehne?). Auch wenn das Börsenjahr 2018 ein Bären-haft träges war. Vom Wein kann man das nicht behaupten. Denn über den Noten von Nougat und Zwetschkenröster flirrt auch eine ordentliche Dosis Zimt dahin. Preiselbeeren und – mit immer mehr Belüftung der 2017er Cuvée – Brombeeren zeigen die Intensität des aktuellen „Barrique de Beurse“.
Samtig beginnt der Kostschluck, der wieder rote Beeren mitbringt. Neben Cranberrys und Himbeeren stellen sich später aber auch reife Weichseln ein. Was nicht heißen soll, dass der Blend der Strehns säurig geprägt wäre. Was ihn auszeichnet, ist vielmehr eine feine Würze, die spät am Gaumen den hohen Anteil der Cabernets (60% in Summe) zum Vorschein bringt. Die polarisierenden Noten der Marke Grüne Paprika und Cassis hingegen sucht man vergeblich; im Duft dominiert aktuell der Merlot. Etwas Ingwer macht gegen das Finish hin mit subtiler Würze auf sich aufmerksam. Wie die Säure und auch das Tannin (leicht spürbar im Abgang) ist aber auch diese Pikanz der beiden Cabernets sehr ausgewogen und steht keineswegs vor.
Der moderate Alkohol von 13,5% tut sein Übriges, um dem „Barrique de Beurse“ – bei aller Jugendlichkeit –schöne Antrinkbarkeit zu geben. Aber man kann ja auch erst in drei Jahren schauen, wie die Aktien 2018 standen. Man muss dafür nur rechtzeitig seinen Strehn-Schein „zeichnen“.
Bezugsquelle:
Weingut Strehn, „Barrique de Beurse“ 2018 ist um EUR 18 in Restmengen ab Hof erhältlich, www.strehn.at