Klassischen Philologen, Fratres und Patres der katholischen Orden braucht man es ja nicht zu erklären: „Liquidа non frangunt ieunum“. Wenn mitten in der Fastenzeit aber ein Bier präsentiert wird, kann man schon darauf hinweisen, dass Flüssiges eben nicht die Vorbereitung von Körper und Geist auf das österliche Hochfest beeinträchtigt. Das schickte auch Peter Krammer (Brauerei Hofstetten) voraus, als er mit seinen drei Mitstreitern vom Bierviertel den „alljährlichen Fixtermin im Kalender“ (© Josef Horner, Braucommune Freistadt) eröffnete. Konkret geht es um die weltweit einzige (!) Cuvée aus vier Bieren, die man im Mühlviertel etabliert hat.
„Die besten Weine der Welt sind auch Cuvées“, zog Karl Schiffner (Biergasthaus Schiffner) Parallelen zum Wein. Und da man im Brauer-Quartett selbstbewusst die Mühlviertler Biere für die besten hält, startet vor sechs Jahren mit dem Verschneiden bestehender Brauspezialitäten. 2022 schritten die vier Brauer erstmalig mit stärkeren Bieren zur Tat. Für diese Bockbier-Cuvée wurden der Freistädter „Imperator“, hier erst unlängst bei uns vorgestellt, Stift Schlägls berühmter Doppelbock, der Hofstettner Zwicklbock und Schiffners „Aurora“ in streng geheimem Mischverhältnis in Freistadt „vermählt“. Mittlerweile ist die Cuvée mit 30.000 mit eingebrauten Litern auch eine nennenswerte Größe.
Die Fans dürfen sich auf ein mit 7,3% gefülltes Erlebnis freuen, das aber weitaus leichtfüßiger daherkommt, als dieser Wert einem Märzen-Trinker vielleicht suggeriert. Denn als „Hopfenbombe“ sorgt Karl Schiffners unfiltriertes „Aurora“ mit satten 50 Bittereinheiten (IBU) für einen herben Eintrag im Quartett der Biere. Doch genug der Theorie und der Mess-Zylinder mit Schnitt-Anteilen! Kosten wir doch die Bierviertel-Edition dieses Jahres einfach. Denn attraktiv lächelt hier schon die Farbe aus dem Glas. Es ist helles Orange-Gold, das da lockt. Der Schaum baut sich darüber schön, großporig und schneeweiß auf – bei aller Fruchtigkeit steigen anfangs auch Gewürz-Noten (weißer Sesam, Galgant, Anflüge von Brauner Senfsaat) sofort in die Nase. Mit etwas Standzeit sind auch Orangen-Abrieb, Ringlotten und helles Toffee zu riechen.
Der Cuvée-Antrunk ist herrlich vollmundig und bringt neben einem satten Getreideeindruck auch feine Bittere mit. Im Trinkverlauf gesellt sich eine schöne Honignote zu den Brioche-Tönen des Malzes. Der hohe Hopfenanteil aus dem Mühlviertel (what else?), auf den Peter Krammer bei der Vorstellung der 2022er Edition (Magnum, Tradition und Aurora) hinwies, tritt vorerst subtil in Erscheinung.
Vor allem im Finish bildet die Bittere dann ein Gegengewicht zu den satten Toffee- und Honig-Akzenten. Der Nachtrunk weist dann die Wiederkehr der eleganten Bittere auf, die dazwischen vom Malzkörper fast „geschluckt“ wurde. Dass dieses doppelte Gesicht – süßlich-sattes Mundgefühl und animierende Bittertöne – einen extrem vielfältigen Typus für die Gastronomie ergibt, sei explizit erwähnt. Er schreit förmlich nach einem Schweinsbraten mit klassischen Beilagen! Die Säure des Krauts entlockt der Cuvée dann noch feinere Malz-süße Noten. Und wenn wir schon im Mühlviertel sind: Auch zu Haschée-Knödeln kann man sich mit dieser 2022er Edition im Glas den Bratensaft fast sparen.
Bezugsquelle:
Bierviertel, Cuvée 2022 kostet EUR 3,00 (Flasche à 0,33 Liter) im Webshop von Bierwirt Karl Schiffner, www.biergasthaus.at