Der Großkampftag von Grafenegg ist längst kein einzelner Tag mehr. Mit der zunehmenden Akzeptanz des Lagen-Gedankens wächst auch der Verein der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW). Und so kamen heuer zu der ansonsten schmalen Rotwein-Riege unter den gut 300 Weinen auch burgenländische Rote, die im Schloss verkostet wurden. Die Weinregionen Eisenberg und Leithaberg interessieren sich für ein stärkeres Betonen ihrer Lagen und warnen als „Gäste“ mit einem eigenen Tag dabei . Die vom Leithakalk bzw. Schiefer unterfütterten Blaufränkischen des Hügellands am Westufer des Neusiedler Sees zeigten klar, dass die Besten von ihnen eine ganz deutliche Prägung von diesem Terroir erhalten. Mit ihnen soll die Rückschau auf die Grafenegger Kost-Tage der ÖTW beginnen. Zumal die 2017er auch einen guten Vergleich ermöglichten und eine klare „Top 5“ an Weinen für uns ergab.
Unter den Weinen waren auch einige Lagen, die wir selbst zum ersten Mal kosteten. So steuerte der prominenteste Betrieb der Region, das Weingut Esterházy, mit der Ried Schildten 2017 einen betont kühlen Wein bei. Der Name der 1570 als „Schildt Huet“ erwähnten Riede spielt auf die Form eines Schildes an, der sich mit einer Hangneigung von fast 10% nach oben verbreitert.
Als Süd-Süd-Ost-Lage sollte der Blaufränkische von hier eigentlich eine Fruchtbombe sein, doch das Gegenteil ist bei der kalkigen, von den Winden des Leithabergs gekühlten Lage der Fall: Es duftet nach Himbeerblatt, etwas Heidelbeere und unverkennbar kreidig aus dem Glas. Die Nase signalisiert zugleich die Lebendigkeit des 2017ers, als auch, dass es eine trockene Variante der Sorte sein wird.
So ist es! Am Gaumen kommen stets kühl wirkende Zwetschken- und Weichsel-Töne zum Vorschein. Die Frucht ist nachdrücklich und von mineralischem Biss, die Sorte gut erkennbar. Das ist ein echter „crowd pleaser“, also ein Roter, der viele glücklich zu machen versteht. Zumal auch das Potential für weiteres Einlagern da ist. Und gefiel aber auch die frühe Form – was bei weitem nicht für alle in Grafenegg „gezeigten“ Weine galt.
Der „Alte Berg“, den Gernot Heinrich in Winden geerntet hat, tat sich da im Glas schwerer. Wiewohl auch der Golser Winzer bei seiner Lage am anderen Seeufer perfekte Arbeit geleistet hat. Sein Blaufränkisch ist das, was man in englischen Kostnotizen gerne als „austere“ bezeichnet. Röstige Noten und Cranberry beherrschen mit herben Tönen das Duftbild des 2017ers. Interessanter Weise ist die Sonnenexpositur, der Boden, aber auch der kühlende Einfluss der Waldstücke am Alten Berg der Ried Schildten nicht unähnlich. Das Ergebnis aber ist druckvoll und mit viel Gerbstoff. Herbe rote Früchte, die sich im Duft andeuteten, finden sich auch am Gaumen, dazu ein leichtes Tee-Bitterl. Beides hat aber einen trinkanimierenden Effekt, vor allem die eleganten Tannine zeigen die Raffinesse dieses Weins. Ein sicherer Tipp für die lange Strecke und großer Blaufränkisch!
Rieden-Doppel Nr. 1: Die beiden Gritschenberge
Nicht weit davon entfernt findet sich Markus Altenburgers Lage Gritschenberg, aus der ebenfalls der 2017er Blaufränkisch auf unserer Bestenliste stand. Mittlerweile sind die Anlagen hier schon an die 50 Jahre alt und der Tiefgang macht sich bemerkbar bei jedem Schluck. Vom Leithakalk bekommt er fast ätherische Noten verliehen. Die Nase bereitet darauf noch gar nicht vor: Pfingstrosen-Blüten, Schlehe und Cranberry als herbe Früchte und Kirschen als strahlenden Teil der Frucht-Ausprägung haben wir uns notiert. Diesen Pinot Noir unter den „BFs“ muss man verstehen und ihm zuhören können – säurig und animierend, dabei feingliedrig und mit seinen 12,5% Alkohol auch hochelegant schwingt er das Florett der Frucht und zeichnet ein „K“ wie Kalk auf den Gaumen – vor allem im mineralischen Finale!
Mit neuem Namen kommt auch ein weiterer Golser Winzer mit einem Joiser Wein ins Glas: Der „Gritschenberg“ von Martin Nittnaus war ein feingliedriger Wein, der schon im Duft aufhorchen ließ: Dunkel-würzig wie ein Assam-Tee, dazu mit Rosenholz-Anklängen und einer Schwingung, die klar die Struktur und Würze über Fruchtnoten stellt. Es ist ein Wein, der einem zuraunt: „Ich zeig noch nicht alles gleich“. Das Edelholz ist wieder zu spüren am Gaumen, wie auch Altenburger und Heinrich entschied sich Nittnaus für 500 Liter-Fässer zur Abrundung des Blaufränkisch. Fast schön gedörrt wirkende Weichseln treffen auf die markante Prägung der kalkigen Lage. Das ergibt einen vielfältige und würzige Grundierung, die an Timut-Pfeffer (das ist der mit dem Grapefruit-Touch!) erinnert. Ein großartiger Wein, dieser „Gritschenberg 2017“, der bereits jetzt Vorfreude auf das Wieder-Trinken in drei Jahren oder so macht!
Rieden-Doppel Nr. 2: Zwei Mal Marienthal 2017
Und weil wir gerade bei spannenden Lagen-Vergleichen sind: Das „Duell“ um den Riedenausdruck war natürlich auch beim Marienthal eröffnet, den Georg Prieler und die Gebrüder Siess (Weingut Mad) mit ihren 2017ern ermöglichten. Der Oggauer Paradebetrieb – man führt auch das Gasthaus zum Herztröpferl – hatte einen interessant duftenden Blaufränkisch mit: Eberraute, klar auch ein wenig Rote Rübe, Schokolade und Sesam-Krokant mischten sich mit einem an Himbeere (durchaus auch das Blatt, nicht nur die Beeren) erinnernden Geruch. Auch im Mund machte das Spiel zwischen säuriger roter Frucht (á la Himbeere) und erdigerer Aromatik, wieder die Beten, Freude. Das Holz stützt hochelegant dieses gemischte Doppel aus Frucht und Boden-Ton. Man denkt an einen herben Früchtetee, der vor allem im Finish auch noch beachtliches Trinkanimo entwickelt. Bei aller Wertigkeit, die man diesem Lagenwein förmlich „anschmeckt“, ist es vor allem diese Süffigkeit, die ihn zu einem besonders empfehlenswerten Vertreter der 2017er Leithaberger Roten macht.
Georg Prielers „Marienthal“ wirkt dagegen zu Beginn fast expressiv mit seiner Nase. Schwarze Johannesbeere zeigt eine überaus saftige Grundierung des Blaufränkisch aus dem nahezu idealen Jahr 2017 an. Der Lesezeitpunkt wurde ideal erwischt, bestätigt der Leithaberg-Winzer im Gespräch. Das Ergebnis ist ein Wein, der am Gaumen ganz andere Noten auffährt: Würze kommt hier fast schon in Kaskaden über die Zunge; es beginnt mit blättrigen Noten, Lorbeer wird dann von Holunder, Heidelbeeren und anderen dunkel-herben Beeren abgelöst. Hochelegant schiebt sich auch der Gerbstoff dazwischen. Unser Prieler-Ersteindruck in Grafenegg: Wenn man einen Blaufränkisch mit einem jungen Bordeaux verwechseln kann, dann den 2017er Marienthal. Hier zeichnet sich ein großes Versprechen für die nächsten Jahrzehnte ab.
Bezugsquellen:
Weingut Esterházy, Blaufränkisch „Ried Schildten“ 2017 ist um EUR 34 im Webshop zu haben, https://esterhazyweinshop.at
Weingut Heinrich, Blaufränkisch „Alter Berg“ 2017 ist um EUR 50 ab Hof sowie im Webshop zu haben, www.heinrich.at/wein/shop/
Weingut Mad, Blaufränkisch „Ried Marienthal“ 2017 kostet EUR 32 im Webshop, www.weingut-mad.at/shop
Weingut Prieler, Blaufränkisch „Ried Marienthal“ 2017 kostet EUR 56 ab Hof bzw. im Webshop, www.prieler.at
Weingut Markus Altenburger, Blaufränkisch „Ried Gritschenberg“ 2017 kostet EUR 40 ab Hof bzw. online, www.jungenberg.at