Da steht die Flasche und selten hat man so oft „lieb“ gehört, bevor verkostet wurde. Die schwarze Miezekatze am Etikett gehört zu einem neuen Gin, der mit Zutaten aus Fairtrade in Frankreich hergestellt wird. Und er kam dieser Tage nicht alleine. Denn auch der „östlichste“ Ginbrenner Österreichs hat seinen Brand so runderneuert, dass man fast von einem neuen Produkt sprechen kann. Wir öffneten also die Tonics und hielten Eiswürfel parat für die beiden Gins, die äußerst unterschiedliche Stile bedienen.
Alexandre Koiransky wollte mit seiner Spirits-Linie Fair Drinks für Transparenz bei den Zutaten sorgen. Neben Gin, Vodka und Rum aus Belize werden aber auch die Zutaten für die Liköre (inklusive des Zuckers) in Fairtrade-Qualität angekauft. Der „Old Tom“ zitiert mit der Katze am Label auch die Hoch-Zeit dieses Stils zitiert. Damals flossen aus Katzen-artigen Ausgießern die gesüßten Gins in die mitgebrachten Gebinde der Londoner. Die schwarze Katze – auch bei Winzern ein Synonym für die besten Fässer (angeblich ließen sich die Hauskatzen immer auf diesen nieder zum Dösen) – signalisierte, wo es den Schnaps gab.
Der 42%-ige „Old Tom“ ergänzt die bisherige Gin-Range aus der fairen französischen Reihe um eine mit Zucker aus Malawi gesüßte Variante. Die Farbe verdankt sich einer drei-monatigen Lagerung in ehemaligen Rumfässern. Entsprechend kämpft sich der Wacholder in der Nase durch ein Gewölk von Toffee und Bienenwachs, ältere Semester werden den Geruch von „Blockmalz“-Zuckerl erkennen. Dazu kommt aber die Würze von Estragon und ein nicht zu knapper Schwung Wacholder.
Denn auch am Gaumen ist der Wacholder ausgeprägt. Hier beginnt aber zunächst ein Honig-Tönchen für geschmeidiges Mundgefühl zu sorgen. Braune Butter, ein Touch karamellisierte Banane, stehen für die süßlich-runde Seite des Gins, die Würze repräsentiert der Wacholder. Er frischt immer stärker auf, im Finish geht er in einer pfeffrigen Note auf und klingt lange noch nach. Durchaus eine Variante, die auch pur genossen werden kann und auf die sich süßere Gaumen und Hardcore-Gin-Fans einigen könnten.
In seiner Golser Dorfbrennerei wiederum hat Ernst Wallner 2014 begonnen, auch einen Gin zu erzeugen. Der „Neptun“ spielte auf den nahegelegenen Neusiedler See an, er war aber „nicht nur für Seeleute“ gedacht, wie der Brenner scherzt. Heuer hat Wallner die Verpackung mit dem Dreizack-Logo einer Verjüngungskur unterzogen. Ein blaue Welle am Flaschengrund macht aber noch kein neues Produkt, doch auch der Inhalt wurde akzentuiert. „Wir wollten nicht dem Trend folgen und den Geschmack des Gins durch extrem geschmacksintensive Zutaten verfälschen“, haben in der verbesserten Rezeptur Heidelbeeren und Lavendel (zwei der 17 Botanicals) die „Kopfnote noch klarer gemacht“.
Der Neptun beginnt mit einem maskulinen Auftritt, der an kantige Herrenparfüms (in seiner Würze, nicht in punkto Künstlichkeit!) erinnert. Der Wacholder ist klar zu erkennen, begleitet wird er allenfalls von einem Hauch von Orangen. Intensiv mit seinen 47% Alkohol, wirkt die Fruchtigkeit auch im Mund nur als Leinwand für den Wacholder, der darauf seine Marken setzt. Die zupackende Art wird im Rückaroma wieder sanfter, da kommen dann die Beeren durch. Mit einer kühlen Fruchtigkeit – Zitruszeste trifft Heidelbeer-Eis – klingt der Golser Gin aus.
Der „Neptun“ verträgt sich auch gut mit Fillern. Wir testeten zwei Tonics (Schweppes Premium und Le Tribute), das Wacholder-Aroma und die Würze – sie stammt von Pfeffer als weiterem Botanical – bleibt im Longdrink in jedem Fall erhalten.
Bezugsquelle:
Fair Spirits, „Old Tom“ Gin ist um EUR 41 (0,5 Liter-Flasche) bei Bonsalpo erhältlich, www.bonsalpo.com
Dorfbrennerei, „Neptun“ Gin ist um EUR 34,90 (0,7 Liter) im Webshop der Destillerie erhältlich, www.neptungin.com