Vieles hat sich geändert im wunderbaren Tee- und Delikatessen-Emporium Haas&Haas am Wiener Stephansplatz. Wer seine Oster-Einkäufe (Salted Caramell-Eier!) nachmittags erledigt, hört Piano-Musik aus einer Ecke kommen, die bislang Tabu war. Das ehemalige Lager von Nini und Eva Haas, noch viel früher unter Männer-Hoheit der Rittersaal des Deutschen Ordens, dient nur als Tee-Salon. Wunderbar wird hier ein britischer Afternoon-Tea zelebriert, zu dem es zwei Stunden lang die Livemusik der Pianistin am Bösendorfer gibt. Stilvoller kann man aktuell kaum „jausnen“ in Wiens City!
Doch der Tee-Nerd kommt in der Regel gar nicht so weit; er kauft schließlich im ersten Raum ein, was es an Raritäten und Neuheiten gibt. Und brüht daheim. Nun, dieses Frühjahr hat man eine ganze Kollektion an neuen Provenienzen in die ikonischen schwarzen Sackerl mit den schönen Motiven gepackt. Lange entsprachen die Muster aus einigen kleineren Anbauländern abseits des Quartetts Sri Lanka-Indien-Japan-China nicht den „Haas&Haas“-Standards. Zumal etwa die Länder Afrikas zwar lange Plantagen-Tradition in Sachen Tee haben, aber meist nur „Fannings & Dust“-Qualität in den Export geht. Milde gesagt: Brösel und Staub, mit denen große Anbieter ihre Teebeutel füllen. Nicht der Stoff, von dem Tee-Gourmets träumen!
Doch jüngere Tee-Trinker, die keine Tapioka-Perlen oder 100 Gramm Zucker/Liter im Getränk brauchen, würden nun vom „Gamechanger“ sprechen. Der kam aus Kolumbien und zog eine Reihe an neuen Tees mit sich, die wir verkosteten. Die diesbezüglichen Trinkprotokolle, passender Weise nach einem Kälteeinbruch verfasst, beginnen daher mit dem erstaunlichen Schluck aus dem fernen Südamerika. Denn die Güte dieses Neuzugangs, der aus einem klassischen Kaffeeland kommt, ist wahrlich hoch. Zum Glück heißt er „Colombia White Tea“, damit es keine Verwechslungen gibt – denn „Colombia White“ geisterte durch mehr als eine „Narcos“-TV-Folge!
Doch dieser weiße Tee, der offiziell mit „pudrig-cremig“ beschrieben wird, ist Oberklasse! Schon der erste Aufguss mit 78 Grad überzeugt. Macht man davor den Profitest – Blätter nur spülen, um ihre Qualität entfaltet zu sehen und den Aufguss zu riechen -, erstaunt der Duft. Es ist pure Fruchtigkeit, auch wenn man lange braucht, um die Himbeere neben dem deutliche herberen Limettenschalen-Duft der Teeblätter zu erkennen. Auch die helle, gelbbraune Tasse bringt Frucht, allerdings keine Süße mit. Hier denkt man eher an Ananas, die getrocknet wurde. Säure-Spitzen und Süße fehlen, doch der runde fruchtige Geschmack erfüllt den ganzen Gaumen. Ein besonderes Plus, das auch Einsteiger erkennen werden, des „Kolumbianers“ ist das überaus weiche Mundgefühl. Eine erfreuliche neue Kannen-Bekanntschaft. Gracias!
Bezugsquellen:
Haas&Haas Tee, „Bio Colombia White“ ist um EUR 7,20 (30 Gramm) im Geschäft am Wiener Stephansplatz oder online erhältlich, www.haas-haas.at