Die erste Folge über die herausragenden Sauvignons der letzten Jahrgänge aus den Händen des Winzer-Sextetts Eruption ließ eine wichtige Frage unbeantwortet. Schließlich soll man auch Folge 2 – über die Burgunder der Gruppe – lesen. Heute gehen wir dem Boden-Ton nämlich quasi auf den Grund. Also. Wenn die Herkunft von den Basaltböden des steirischen Vulkanlandes die Weine so sehr prägt – wie merkt das dann der Konsument? Anders gesagt, was gibt der Untergrund den hier wachsenden Trauben mit? Mit einem oft gehörten Dialog beantwortete die Frage Stefan Müller: „War dieser Wein im Holz?“ – „Nein, er wächst auf Basalt“!
Sein noch präziserer Befund, abseits dieses nur halb als Scherz gemeinten Vergleichs: „Den Basalt kannst Du nicht verstecken“. Aromatisch schiebe er sich immer in den Vordergrund, so Müller (am kl. Bild rechts). In Form von dunklen und würzigen Tönen, die anderswo nicht vorkämen, nämlich. Eine typische Note bei Verkostungen der Weißweine sei etwa Kümmel. Und eben diesen notierten wir auch beim 2017er Chardonnay von Stefan Krispel.
Der Wein braucht viel Luft, dann wird aus dem zarten Ragout aus Pomelo und Gelber Paprika, in dem auch Kurkuma mitschwingt, ein noch würzigeres Bouquet. Der gemahlene Kümmel zeichnet diesen Duft aus. Der erste Schluck von Krispels Burgunder bringt eine vielfältige Frucht mit; Gelbe Kiwi, Honigmelone und Sternfrucht (Karambol) geben Schmelz, aber auch eine dezente Gerbstoff-Note. Wie ein Buddha ruht dieser noch junge Chardonnay in sich, doch dem Basalt entgeht auch diese stoffige Statue von einem Wein nicht: Im Finish merkt man einen rauchigen Touch.
Ihn finden wird erneut bei einem Wein, der einiges mit dem „Kaargebirge“ gemeinsam hat, allerdings nicht in Straden, sondern in St. Anna gekeltert wird. Es ist der Wein von Stefan Müllers Müllers Hausriede „Seindl“. Liest man von „Rauch wie bei einem Bratlfettn-Brot“, mag das bei einem Weißwein seltsam klingen. Doch das ist eben der Basalt-Touch. Er überzieht die Pink Grapefruit und den Weißen Sesam mit einem prägnanten „Brandeln“, das auch einen Touch „Five Spice“, dem Allround-Gewürz der China-Küche, mitbringt. Ähnlich weniger von Frucht, denn Struktur geprägt, zeigt der 2017er „Ried Seindl“ dann am Gaumen seine Herkunft: Saftige Nektarine und Grapefruit, am mittleren Gaumen sogar Pfirsichcreme (wie von Dr. Oetker!), sorgen nur vordergründig für einen anderen Charakter dieses Chardonnay. Denn die Grundierung liefert immer der Rauch; er ist es auch, der die Früchte im Finale zu einer Paprika zusammendarrt, die den Wein so würzig ausklingen lässt, wie er in der Nase begonnen hat.
Bratlfettn-Brot aus Basalt: Hutters Eruption 2013
Endgültig als olfaktorische Signatur des Basalts in Burgundern aus dem Vulkanland speichern wir den „Bratlfett“-Touch bei der „Eruption“ Franz Hutters ab. Als Burgunder-Cuvée legt Hutter den Wein an, der den Namen der Winzer-Vereinigung trägt: Pinot Gris, Chardonnay und Pinot Blanc zu nahezu gleichen Teilen kamen beim Feldbacher Natur-Weingut 2013 auf die Flasche. So sehr sich der Wein bemüht, wie ein Traminer zu riechen – Rosenblüten und Holunder wären da –, der kalte Rauch mengt sich immer wieder in die floralen Düfte.
Erst am Gaumen kann der Grauburgunder, dem sich diese Intensität verdankt, voll durchstarten. Beinahe Walderdbeeren, lautet der Erst-Befund. Die Rosenblätter gedeihen wieder üppig und der zarte Gerbstoff läßt – vor allem im Finale – an ein intensives Himbeer-Pürée aus nicht ganz reifen und überreifen Beeren denken. Denn zwischen Frische und üppigem Blühen schillert diese ungewöhnliche Cuvée aus dem Jahrgang 2013, wenn man sie heute öffnet.
Zum Vergleich gab es einen reinsortigen Weißburgunder vom Herbergsvater dieser großen „Eruption“-Verkostung. Josef Scharl brachte seinen 2017er „Annaberg“ ins Glas, der eine weitere Aussage der Vulkanland-Winzer unterstrich: Die Reife macht den Winzern hier in den wenigsten Jahrgängen Sorge. Denn auch dieser Wein Scharls geizte nicht mit üppigen, in ihrer Kombination vielleicht verstörend ungewohnten, Noten. Wie ein Potpourri aus Wasser-, Honig- und Zuckermelone riecht der Burgunder aus dem Jahr 2017. Je länger man ihn genießt, desto mehr kommen starke Blütendüfte dazu: Magnolie und Jasmin etwa. Aber wir sind im Vulkanland – daher wabert auch immer Rauch um diese Blüten.
Im Mund steht dieser Pinot Blanc dann für die beiden Seiten der Region; er ist nämlich kräftig und finessen-reich zugleich. Die üppigen Blüten finden sich wieder mit kandierten Veilchen und einem nicht eingehender als mit „Omas Lieblingsparfüm“ zu beschreibenden Ton. Der im 600 Liter-Fass ausgebaute Wein hat ein breites Rückgrat, doch auch einen saftigen Zitrus-Touch (Orangen-Fruchtfleisch), aus dem sich immer klarer auch die Säure hervorwagt. Die hält den üppigeren Aromaten einen Gegenpart vor Augen, der aus dem „Annaberg“ einen anregenden Wein abseits vom Nuss- und Gelber Apfel-Klischée eines Weißburgunders macht.
Bezugsquellen:
Weingut Krispel, Chardonnay „Ried Kaargebirge“ 2017 ist um EUR 26,50 ab Hof bzw. im Web-Shop zu erwerben, www.krispel.at
Weingut Müller, Weißburgunder „Ried Seindl“ 2017 kostet EUR 13 ab Hof bzw. im Webshop, http://weingut-mueller.at
Weingut Hutter, „Eruption“ 2013 (=Burgunder-Cuvée) ist um EUR 15,50 in Restmengen noch beim Weingut bzw. online erhältlich, www.hutter-wein.at
Weinhof Josef Scharl, Weißburgunder „Ried Annaberg“ 2017 kostet EUR 15 ab Hof bzw. im Webshop, https://weinhof-scharl.at