Frucht- und Getreidewerkstatt nennt sich die Brennerei am pittoresken Hof aus den 1830er Jahren im „Untertitel“. Und in der Tat dreht sich ein Großteil der Köstlichkeiten von Oswald Weidenauer um Waldviertler Spezialitäten. Da wäre zum einen das Kriecherl, das es als Saft und Brand, aber auch Gelée gibt. Mohn als weitere Sonderkultur gäbe es auch, doch vor allem gilt „Ossi“ Weidenauer als Spezialist für Hafer-Whisky. „Wir wollten uns mit etwas abheben, das nicht Standard ist“, lässt der erfahrene Brenner die Überlegungen Revue passieren, mit denen er 1997 die Destillation „mehlhaltiger Stoffe“ startete, wie es der Gesetzgeber mit wenig Respekt vor den Whisky-Liebhabern nennt.
Der Nackthafer gehört als alte Sorte aber ebenso zu den Getreiden des Waldviertels wie der ungleich bekanntere Roggen. Und in Kottes schöpft man aus dem Vollen, „95% der Getreide kommen aus eigenem Anbau“. So was nennt man anderswo stolz „farmhouse distilling“, wobei man hier auch noch das Brennmaterial unter der Destille aus eigenen Waldflächen bezieht. Die Holz-befeuerte Anlage sieht auch Raritäten wie Einkorn oder den Johannisroggen bzw. Waldstaude, der aktuell im Waldviertel ein kleines Comeback als Urform des allgegenwärtigen Roggens feiert.
Doch das Gros der Whisky-Produktion des AWA-Mitglieds macht der Hafer aus und der Einstieg erfolgt mit einem reinen Brand vom ungemälzten Getreide, also einem Single Grain, wie das die Profis nennen. Der Duft „flüssiger Haferflocken“, wie es Weidenauer selbst (rechts im Bild) nennt, ist unglaublich weich. Ein leichter Milchschokolade-Ton irritiert insofern, weil derlei normal von der Darrung des Getreides stammt, die beim „Hafer Classic“ aber unterblieb. Auch feine Würze, etwas von gestoßenem Piment, weist die Nase auf.
Der Kostschluck dieses Whiskys zeigt, dass wir hier ein Destillat aus einem Guss vor uns haben – Nase und Gaumen stehen im Einklang. Das bringt Sanftheit und die Schoko-Creme-Noten eines „Milky Way“, in denen man keinerlei harsche oder Alkohol-scharfe Noten findet. Ganz unmerklich frischt erst gegen Ende eine leichte Pfeffrigkeit auf, die diesen Hafer-Whisky fein abrundet. Der Rest ist pure Geschmeidigkeit.
Der dazugehörige Single Malt, also nun Whisky aus gemälztem Getreide, ermöglicht einen wunderbaren Vergleich zwischen den beiden Varianten. Für Freunde derlei Abstufungen, hat man im Hofladen auch Miniaturen aller sieben Whiskys in ein Set gepackt, um das daheim auszukosten. Doch zurück zum Hafer-Malt: Das Malz selbst war „dunkel wie Kaffee“ und in der Tat schwankt der erste Duft zwischen Schwarzbrot und Pumpernickel. Auch etwas geröstete Haselnuss lässt sich erschnuppern und geht mit Luft ein wenig in Richtung Nougat. Der Hafer-Charakter kommt auch im Mund mit einem seidig weichen Charakter durch, die 42% vol. sind unmerklich.
Dafür wird’s im Geschmack sehr elegant. Wieder ist da eine Grundlast aus schokoladigen Tönen, doch dazwischen merkt man auch gedämpfte Maroni. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass keine Ecke irgendwo lauert oder eine scharfe Note dazwischenkäme. Nach rund sechs Jahren in den diversen Fässern – von zwei Eimern (ca. 100 Liter) bis 600 Liter fassenden US-Eichen-Barrels lagert einiges unter dem Dachboden – zeigt sich ein einladender Geschmack, dessen feine Würze wie edles Gebäck wirkt. Vom Kaffee-schwarzen Malz erfolgte die Transformation zum Gewürzkuchen! Solche „Haferflocken“ schmecken auch abends.
Bezugsquelle:
Destillerie Weidenauer, der „Single Grain“ vom ungemälzten Hafer ist um EUR 57 (0,7 Liter) bzw. EUR 30 (0,35 Liter) zu haben; der Hafer-Single Malt kostet EUR 44 (0,5 Liter-Flasche) erhältlich. Beide im Hofladen bzw. per Mail-Order, www.weidenauer.at