Poysdorf kann vom leichten – und wieder auferstandenen – „Saurüssel“ bis zu spektakulären und singulären Weinen fast alles in Sachen Weißwein. Und diese Bandbreite zeichnet auch die Neustifters aus; mit Juniorchefin Monika Neustifter zur Seite hat Papa Karl Neustifter unlängst die Etikettenlinie einer Neugestaltung unterzogen. Erwähnt seien daher heute nicht die roten Weine des Hauses – Neustifters wollen Weinviertler Rote wieder forcieren – wie die Cuvée aus Zweigelt, Merlot und Cabernet Sauvignon.
Denn den Lackmustest für Weinviertler Winzer stellt halt immer der Veltliner dar. Karl Neustifter bringt einen leichten (12% Alkohol) Vertreter auf die Flasche, der bereits im Duft sehr sortentypisch agiert: Gelber Apfel, etwas Birne und sogar ein mit der Zeit immer deutlicher werdender Pfirsichanklang. Knackig und mit lebhafter Säure versehen frischt der Veltliner dann den Gaumen auf; wieder kommt der Golden Delicious zum Einsatz, ein Hauch Marille mischt sich hier dazu, ehe ein ganz leichtes Bitterl zum Abschluss des ungemein süffigen Weins aufblitzt.
Überregional hat aber ein anderer Veltliner Neustifters Namen wieder auf die Agenda gesetzt. 2007 startete er in der Riede Steinberg mit einer Stockkultur. Dabei gibt es – vereinfacht gesagt – keine Drahtrahmenziehung für die Reben wie heute üblich, sondern die Pflanzen ranken sich an einzelnen Pfählen (eben den Stöcken) hoch. Mehr Reben auf kleinerer Fläche ergeben neben erheblich mehr Arbeit auch kleinere, aber extraktreichere Weinbeeren. Diesen Wein ziert die Kellerkatze, die sich der Legende nach ja angeblich immer am Fass mit dem besten Wein niederließ (weniger Romantische meinen, das war eher das mit der größten Gärungswärme).
Jedenfalls sorgt der Aufwand für einen stolzen Preis, die Katze für eine besondere Flasche. Was aber kann der Wein selbst?
Hier meine Verkostungsnotiz zum aktuellen „Neustifter 2010“ (13,5 % Alk.): Goldgelbe Farbe, beginnt im Bukett mit einem zarten Dille-Ton, der verfliegt, nachdem sich der Wein geöffnet hat, hintennach wirkt er gediegen burgundisch, elegant und feinstrukturiert, spannungsgeladen, ansprechende Mineralik, setzt sich charaktervoll fort, zeigt verschiedene Phasen und Facetten, im Rückgeschmack auch Einsprengsel nach Banane (die aber keineswegs vordergründig und kitschig wirken), gekonnter Holzeinsatz, vielschichtig und vor allem ein Wein, dem man Zeit geben sollte. Mit jedem Glas entdeckt man Neues – und Gesprächsstoff bietet die und auch der Stockkultur ohnehin genug.
Bezugsquelle:
Weingut Neustifter, Grüner Veltliner DAC „Klassik“ 2013 ist um EUR 7,40, der Grüne Veltliner „Stockkultur“ 2010 um EUR 60 ab Hof erhältlich, www.neustifter.at