Immer wieder ein Feiertag – es wird nämlich Sherry serviert. Und das nicht zu knapp in der 26°East-Bar des Hotels Hansen-Kempinski zu Wien. Und nicht weil der spanische, fortifizierte Wein nur an Feiertagen genossen werden sollte (ein alter Irrglaube hierzulande!), sondern weil eine Probe von 16 Abfüllungen, die González Byass mit im Gepäck hatte, immer wieder Grandioses umfasst. Diesmal waren es drei Vertreter, die wieder zeigten, wie unangebracht Vorurteile gegen den „picksüßen“ Sherry sind. Zumal die erste Runde mit trockenen Finos begann, zwei unserer Lieblinge allerdings schon ordentlich Süße mitbrachten – und das aber bei einer Würze, die einen in der Sekunde nach Andalusien beamt.
Kletzenbirne und Milchkaffee bringt der Favorit aus dem Flight der Finos mit, der „Dos Palmas“. Am Gaumen hat dieser Fino-Sherry mit seinen 15,5% Alkohol eine schöne Molligkeit, die von den Aromen unterstützt wird. Denn im Grunde ist der „Dos Palmas“ ein flüssiger Allerheiligen-Striezel. Die getrockneten Südfrüchte, Limette vor allem, aber auch etwas Ananas, kommen mit einem zarten medizinalen Begleiter (ein bisserl an Firniss erinnernd) daher. Die Grundcharakteristik ist aber klar: Das ist ein runderer Stil als der reine Fino mit seiner Salzmandel-Grundierung, für die „Tio Pepe“, das Flaggschiff der González Byass-Range steht.
Im Idealfall ergibt sich bei den Weinen aus Jerez de la Frontera eine Mischung, die einerseits noch ans Meer denken lässt, an die Seebrise, die Paella und würzige spanische Kräuter. Zum anderen bringt die Süße diese mediterrane Mischung in ein neues Gewand. Der „Vina AB” ist so ein Fall. Als Amontillado startet er sein Sherry-Leben unter der vor Oxidation schützenden Hefeschicht (dem Flor) als Fino, ehe er dann bewusst mit Sauerstoff in Kontakt kommt. Das Ergebnis steht quasi zwischen den Welten, bereits der Duft nach Germteig (Fino-Erbteil) und Haselnüssen und heißem Kakao zeigt das an. Am Gaumen wird er fast aberwitzig würzig, da erinnert er an Muschel-Sud, Fenchelsaat und ein Kräuter-Sträußerl. Besonders schön zu sehen ist, wie er quasi die Räume eng macht, um es mit einer Fußball-Metapher zu sagen. Der Sherry als idealer Appetitanreger – hier wäre er.
Die nach wie vor unterbewertete Preislage beim Sherry verdeutlicht dann ein Wein, der es getrost mit einer Vielzahl von Desserts aufnimmt, allerdings den Preis eines Süßweins für eine 0,75 Liter-Flasche aufruft. Für den „Cristina Oloroso Abocado” kommen die Weine (13% Palomino Fino und 87% Pedro Ximénez) mit 50 Gramm Restzucker auf die Flasche, als „Medium Sherry“ changiert die „Cristina“ zwischen Süße und der Würze. Die Nase etwa erinnert an eine Trockenbeerenauslese (TBA), die ausgeprägte Duftnote von Orangenblüten wird von etwas Sauerkirsche begleitet. Am Gaumen gibt es dann die pure Mandel-Kraft, die man etwa aus Amarettini-Keksen kennt. Die roten Früchte erinnern vor allem an Papaya, ein leicht pikanter Zug schwingt mit, der diesem halbtrockenen Sherry einen gewaltigen Trinkfluss verleiht.
Bezugsquelle:
González Byass, der Fino Dos Palmas ist um EUR 22,90 (0,5-Liter-Flasche) erhältlich, der „Vina AB” Amontillado 12 Anos kostet 15,90 (0,75 Liter) und der „Cristina Oloroso Abocado” EUR 13,90 (wieder für die 0,75 Liter-Flasche), alle beim Online-Handel Belvini, www.belvini.de