Die erste Tee-Ernte Indiens, die so genannten Flugtees, werden hier ja schon fast regelmäßig vorgestellt. Nun kam auch die Frühlingsernte des noch traditionelleren Tee-Giganten China nach Europa. Und auch hier gilt der Jahrgang 2018 als hervorragende Qualität. Die Selektion von Rainer Schmidt von Hanse Tee war wieder umfangreich, wir pickten daraus je zwei grüne und schwarze Tees heraus, die markante Unterschiede aufwiesen und so für unterschiedliche Vorlieben in der Tasse stehen.
Begonnen wurde der sommerliche Check der Frühlingsernte mit einem „Yunnan Ming Qian Chan Yun Feng“. Viele Buchstaben für einen einzigen Tee, doch der Aufguss zeigt, dass die Beschreibung als „großblättrig“ absolut zutreffend ist. Wie kleine Spinatblätter rollen sich die satt grünen Blätter in der Aufgusskanne zusammen. Es ist eine vollmundige Tasse, die der Yunnan ergibt, die Grüntee-Noten decken das gesamte Spektrum vegetaler Geschmacksnuancen – vom Wirsing bis zu Spinat – ab. Eine würzige Note mischt sich allerdings darunter, die an ein paar Speckwürfel im Blattspinat erinnert, aber auch an die braune Alge Wakame. Er ist ein Tee, der zu allen Tageszeiten schmeckt.
Besondere Aufmerksamkeit verlangte der „Anhui Spring Lu An Gua Pian”, der zur Kaiserzeit auch als Tribut nach Peking abgeführt werden musste. Bis heute hat diese Rarität ihren Preis – der beim mehrmaligen Aufgießen des Grüntees aber relativ ist. Außergewöhnlich wie sein Name, der auf die Ähnlichkeit der Blätter mit Sonnenblumen- oder Melonenkernen anspielt, ist auch die Herstellung. Denn hier werden keine Triebe, sondern ganze Blätter, allerdings nur in einer bestimmten Größe und vor dem Einsetzen des Sommer-Regens geerntet, verwendet.
Der berühmte, intensive Duft stellt sich unmittelbar ein. Es sind säurige Duftnoten, die an Orangen, Kaffir-Blätter und Yuzu erinnern. Denn auch etwas leicht Herbes schwingt bei aller Frucht mit. In der Tasse kommt eine buttrige Charakteristik durch. Die grünen Noten frischen aber auf und sorgen für einen sehr trinkanimierenden Aufguss. Es ist ein fruchtiger Eindruck, weniger einer vom Gerbstoff oder herbal-grasigen Noten getragener wie so oft bei grünen Tees. Dass er in der chinesischen Medizin auch als vorbeugend gegen Krankheiten gilt, schadet sicher auch nicht. Außergewöhnlich jedenfalls ist dieser Frühlingstee aus China.
Schokoladig, cremig – der schmeckt auch Kaffee-Freunden
Doch auch die neuen Schwarztees sind bei Rainer Schmidt eingelangt. Hier griffen wir zum „Pine Souchong“. Der wird über Kieferholz getrocknet, weist aber keinen so starken Rauchton auf wie der für Laien ähnlich klingende „Lapsang Souchong“. Dennoch, erdig und zarte rauchig duftet die vergleichsweise dunkle Tasse, eine Mischung, die an geröstete Maroni erinnert. Am Gaumen ist es vor allem Schokolade und ein Touch Nuss-Brot, an die der „Pine Souchong“ erinnert. Der Gerbstoff ist da, aber gut eingebunden, der nussige Ton und die Intensität fordern den Teetrinker. Ein kräftigerer Schwarztee, der am Nachmittag gut passt und auch als Muntermacher fungiert.
Aus der April-Ernte von Yunnan stammen auch die putzigen, eingerollten Blätter („Black Curl“) eines Schwarztees. Die zart braunen Kügelchen erinnern an über-große Kresse-Damen, duften in der Zubereitung aber nach Geranienerde, Röstmalz und roher Erdnuss. Der erste Schluck bringt ebenfalls etwas – wenig süßes – Malz mit, ein Hauch Anissamen schwingt mit, dazu aber auch eine beträchtliche Dosis Schokolade und Pekan-Nuss. Der „Yunnan Black Curl“ ist intensiv, ohne aber bitter zu wirken, der Gerbstoff ist perfekt eingewoben. Als kräftige Tasse am Abend, vielleicht zart gesüßt, kann man ihn sich jetzt schon für den Herbst vormerken.
Bezugsquelle:
Hanse-Teehandel, „Yunnan Ming Qian chan Yun Feng“ ist um EUR 12,60 (100 Gramm-Packung) erhältlich, der „Anhui Spring Lu An Gua Pian” (Grade A) kostet EUR 30, 80, „Fujian golden Pine Souchong“ gibt es um EUR 16,40 und den „Yunnan Black Curl“ um EUR 10,50, alle bei Hanse Tee, www.teeverkostungen.com