Steht Anfang Mai im Kalender, dann macht sich das Zillertal bereit – und das seit 518 Jahren. Denn das Gauder-Fest, größtes Frühlingsfest des Alpenraums, ist Pflicht. Vor allem aber ist der trachtige Umzug untrennbar mit Zillertaler Bier verbunden. Heute sorgt Braumeister Peter Kaufmann für die beiden Festbiere, doch schon um das Jahr 1500 wurde der „Gauder Bock“ von der damaligen „Zeller Brauerei“ (dem Vorläufer der Zillertal Biere) als hochgrädiges Festbier gebraut. Beim Gauder Fest erlebt dann die Starkbier-Spezialität ihre Premiere, seit dem Herbst ruht sie in den Kellern von Zell/Ziller. Heuer begeht zudem die Musikkapelle den 200. Geburtstag, womit noch mehr Gauder Bock-Krüge geleert werden dürfte. Denn schließlich ist da „a Bier fia di Musi“ quasi Gratulanten-Pflicht am Mai-Wochenende.
Doch es bleibt genug übrig, dass auch wir der Tiroler Tradition folgen konnten: Der „Gauder Bock 2018 “ bringt eine feine Malz-Süße im Duft mit, die etwas von einer frischen Buchtel hat. Braune Butter und eine geriebene Grapefruit-Schale gesellen sich zu dazu. Der auffälligste Zug am Gaumen ist die Kohlensäure, die den 7,8% Alkohol eine gewisse Leichtigkeit verleihen. Die im Hintergrund liegende Fruchtigkeit – Hopfen ist kaum spürbar – pendelt zwischen Orange und getrockneter Marille, von einem zarten Honig-Ton wird das Ganze noch abgesoftet. Es ist ein feiner Bock, von dem man aber auch in Feststimmung nicht mehr als zwei Krügel trinken sollte – denn die Aromen sind intensiv, auch wenn sie auf Samtpfoten ihren Fest-Zug antreten. Der Wermutstropen: Den Gauderbock ausserhalb der Festzeit in Tirol wo zu findenm ist nahezu unmöglich.
Auch abseits des Umzugs: Der Stein-Bock
Doch für Bierliebhaber gibt es eine zweite Option: Denn etwas kürzer als das traditionelle Bock-Bier aus dem Zillertal gibt es den „Stein-Bock“, ursprünglich ein Rezept aus den 1920er Jahren. Dem Wappentier der Brauerei widmete man diese kräftige Variante, die wir hierorts schon einmal – allerdings als im Fass nachgereifte Version – vorstellten.
Die Familienähnlichkeit der beiden Böcke ist jedenfalls vorhanden. Mit einem schönen Honig-Tönchen stimmt die Farbe ein auf den immerhin 10,4% starken Steinbock. Wer glaubt, dass nur malzig dunkle Biere Power haben, merkt im Duft, dass er es hier mit einem Tiroler Kraftlackel zu tun hat: Satter Waldhonig, der den leichten Hopfen-Anklang gleich einmal verbläst, steigt aus dem Glas. Zarte Hefe und salzige Eindrücke lassen auch an Laugengebäck denken, dazu kommt etwas Dörr-Marille.
Am Gaumen bringt vor allem der Honig-Touch Süße mit, daraus entwickelt sich eine herbe Ader, die an Feigensenf erinnert. Der Alkohol ist gut eingebunden, im Nachhall wird noch ein Schwung weißer Pfeffer in die weiche Honig-Semmel-Mischung geblasen.Ein Touch von Toast mit gesalzener Butter ist das letzte, das man von diesem Zillertaler schmeckt. Und das Pairing, das man dazu vorschlägt, kann man mit einiger Erfahrung mit belgischen Starkbieren nur unterschreiben: Reifer Käse, etwa alter Comté oder Cheddar hat hier seine Berechtigung.
Bezugsquelle:
Zillertaler, Stein-Bock ist um EUR 2,99 (0,33 Liter-Flasche) im Eurogast-Webshop Riedhart erhältlich, www.riedhart.at