Man kann ein nodiger Beutel sein beim Einschenken. Vielleicht tischt man sogar eine Art flüssige Bestrafung für erlittene Kränkungen auf, wenn die Verwandtschaft Feiern kommt…. Doch, halt! In der Regel soll der Wein zu bzw. vor Weihnachten etwas außergewöhnlich Gutes darstellen. Vergessen wir also den Sparzwang und die Rachegelüste im Achtel-Glas.
Wir widmen uns zum Auftakt der Mini-Serie „Festtagsweine, die dem Trinkprotokoll.at taugen“ den Kriterien eines solchen Feiertags-Weins: Er soll möglichst viele Gäste erfreuen, ist wohl das wichtigste davon. Denn Anspruchsniveaus sind unterschiedlich. Was für den einen Musik ist, stellt einen garstigen Lärm für andere dar. Während der Speichelfluss mitunter bei der Erwähnung des Wörtchens „Beaune“ einsetzt, lautet der Frage-Reflex eines Gastes aber vielleicht auch: „Habt’s kann Veltliner“? Ergo nie zu hoch stapeln, sondern eher einen komplexen Wein auswählen. Wer vieles bringt, wird manchem zumindest etwas geben, lautet die Devise.
Regel Nr. 2 für den festtäglichen Wein-Genuss: Alles unter 20 Euro pro Flasche darf als billiges Abfertigen im eingangs genannten Sinne (miß-)verstanden werden. Wenn ich einmal im Jahr meinen „Lieben“ keine drei Euro wert bin, sollte ich mich allmählich nach anderen Gastgebern umsehen.
Regel Nr. 3: Wenn nicht gespart wird, dann auch nicht bei der Flaschen-Anzahl. Hat man sich endlich angefreundet, um nicht zu sagen: warm getrunken in der gastlichen Stube, sorgt nämlich nur eines für Behaglichkeitsminderung: Der Satz „es gibt keine zweite Flasche mehr“.
Diese Sorge braucht man sich bei unserem ersten Festtagswein nicht machen, er ist vorhanden und erwerbbar, aus Österreich und eine Cuvée aus Zweigelt, Blaufränkisch und Merlot. Robert Payr in Höflein hat den „Bühl“ mit den roten heimischen Hauptsorten komponiert. 2012 wurde daraus ein Wein, dessen Zweigelt-Anteil schon in der violetten Rand-Aufhellung optisch durchkommt; aromatisch bleibt er vorerst im Hintergrund. „Die Würze vom Blaufränkisch“ steht für Winzer Payr an erster Stelle, im Duft kommt sie als kräutrig-blättrige Ergänzung zu den weichen Kirsch-Noten zum Tragen. Vanille (schadet bei einem Festtags-Wein nie!) und etwas Assam-Tee signalisieren dem Hirn via Nase: „Obacht, Vielschichtigkeit!“.
Der olfaktorische Eindruck trügt nicht: Die Säure des 2012ers ist immer noch präsent, zu den fruchtigen Aromen (Kirsche vor allem) gesellt sich ein erdiger Grundton – man denke an Eibisch-Zuckerl – und die herbe Würze von Kakao. Der Bühl geht aromatisch quasi die vollen 360 Grad. Denn bei aller Frische der mittlerweile auch schon vier Jahre alten Cuvée lässt sie uns auch ihre Kraft, technisch untermauert von 14,5% Alkohol, spüren. Mit dem Finish, das von Gerbstoff, aber auch einer deutlichen Würze (grüner Pfeffer) durchdrungen ist, wird aber auch diesem Zug Paroli geboten. Man braucht kein großer Prophet sein, damit man weiß: In spätestens zwei Jahren sind diese Eindrücke noch enger verzahnt. Aber dann dürfen Sie den Bühl 2012 halt doch nicht dieses Weihnachten öffnen!
Bezugsquelle:
Robert Payr, Cuvée „Bühl“ ist um EUR 25,60 ab Hof erhältlich, www.weingut-payr.at