Im Luberon könnte man auch einen Western drehen. Im Schatten des „Giganten der Provence“, wie man den Mont Ventoux auch nennt, mühen sich nicht nur alljährlich die Tour de France-Profis ab. Auch die Dörfer schmiegen sich mitunter an die Hänge – etwa das wie eine Geisterstadt wirkende Oppède le Vieux. Das ist die andere Provence, das voralpine Hinterland der Strände von Cannes und St. Tropez. Hier trinkt man keinen Champagner auf Eis. Rosé auch nicht, den keltert man allenfalls. Doch eigentlich passt dieses kalkig-ruppige Terroir wunderbar für die roten Rebsorten. Das dachte sich auch einer der besten Sommeliers Frankreichs, als er hier sein Weingut startete.
Prestige mag man anderswo mit dem Weingarten mitkaufen, hier sind es die alten Reben – 45 Jahre und mehr –, auf die Guillaume Gros seinerzeit die neue Karriere als Winzer aufbaute. 20 Jahre macht er mittlerweile schon Wein, möglichst unbeeinflusst von Kellertechnik, was neben dem Verzicht auf Feinfiltrieren auch Arbeiten nach den Mondphasen bedeutet. Wie so oft muss man an derlei kosmische Einflüsse nicht glauben, doch die Weine von Monsieur Gros überzeugen. Gut die Hälfte seiner Mini-Produktion von 18.000 Flaschen macht dabei der „Domaine Guillaume Gros“ aus. Aus fünf Dörfern, darunter eben das moderne Örtchen Oppède und seine bergig-pittoreske „Keimzelle“ Oppède le Vieux, stammen die Trauben des Gutsweins.
Der Duft nach Himbeere und Walderdbeere stammt von einer Cuvée des Jahrgangs 2014, die aus 50% Grenache, 25% Syrah, 20% Carignan und 5% Mourvèdre besteht. Auch bei diesem wichtigsten Wein wird die Ertragsreduktion von lediglich 1800 Kilo Hektar-Ertrag praktiziert. Dass der „Einstiegswein“ aus dem Luberon ein sehr feines Mundgefühl und Tiefgang aufweist, dürfte auch am langen Feinhefe-Kontakt liegen, der im Betontank für 26 Monate erfolgt. Nach mittlerweile vier Jahren auf der Flasche überrascht die Frische dieses Rhône-Weins; er ist aus einem Guss und der feine Gerbstoff begleitet die Malven-Töne eines ungesüßten Früchtetees ideal. Etwas Säure hebt final die blättrig frischen Akkorde (Stil: Bouquet garni) des Syrahs noch einmal hervor. Romantiker werden in diesen Kräuter-Noten die warmen Steine und die Vegetation dazwischen erkennen, wie man sie in den Dörfern des Luberon findet.
Der Natur dieses wildromantischen Teils der Provence vertraut Guillaume Gros, auch wenn er keine wirklichen Lagenweine keltert. Unterschiede arbeitet er seit einigen Jahren in Form einer „Ausschneidearbeit“ heraus, wie er es nennt. Denn der Mistral kühlt die an sich bereits hoch gelegenen Weingärten nicht nur auf kalkigen Böden. Der „Côteau de l’Ara“ war die erste Selektion, der mit dem „Les Biguières“ eine Variante folgte, die so ganz anders ist, als der langlebige, Madiran-ähnliche „l’Ara“. Monsieur Gros vergleicht seine Finesse mit dem Gleichgewicht eines Pinot Noir. Was angesichts des Blends – zu nahezu gleichen Teilen Grenache (er hat 34% statt einem Drittel-Anteil), Carignan und Syrah – ein wenig verblüfft.
Das Duftbild dieses 2014er Jahrgangs zeigt nämlich klar die leichtfüßigen Erdbeeren und ein Quäntchen Leder, die weg von der unteren Rhône, hin zum Burgund, deuten. Verführerisch ist am „Les Biguières“ seine feine Tannin-Struktur, die besagte rote Früchte begleitet. Vollmundig und in sich ruhend, geben Assam-Tee und Heidelbeere ein Rückgrat ab, um das sich filigranere Geschmacksnoten wie Hibiskus und Walderdbeere sammeln. Ein Geheimtipp für Frankophile, der auf dem ersten Höhepunkt ist. Und dazu muss man den Luberon noch gar nicht mal kennen!
Bezugsquelle:
Guillaume Gros, der Gutswein „Domaine Guillaume Gros“ 2014 kostet EUR 18,90, die Cuvée „lieu dit Les Biguières“ 2014 ist um EUR 27,90 zu haben, beide Weine beim Versandhandel Pinard de Picard, www.pinard-de-picard.de