Er hat viel gesehen von der (Wein-)Welt. Große Adressen wie Torbreck – wir stellten die Australier hier vor – waren Teil von Artur Toifls Wanderjahren. Geprägt hat seine Handschrift aber auch Fred Loimer, bei dem er ebenso famulierte, wie das in der Ärzte-Szene heißt. Und einen gesunden Ansatz pflegt er auch im Weingut Thiery Weber, das er mittlerweile eigenverantwortlich führt. Kellermeister bei Tante Maria und Onkel Erich Weber in Rohrendorf war er ohnehin seit dem Jahr 2005. Der Umstieg auf biologische Bewirtschaftung erfolgte bereits, die erste zertifizierte Ernte soll es 2022 geben. Das ist kein kleiner Sprung für ein Weingut, das noch zu Großvaters Zeiten aus zwei Hektar Weingarten „neben den Viechereien“, also eher einem Hobby neben der substanzgebenden Viehzucht, war.
Artur Toifl sagt aber auch Sätze wie „Wir kämpfen um jedes Zehntel Säure“ – denn seine Veltliner und Rieslinge hat der Kremstaler gerne frisch und knackig. Das zeigt etwa schon der Ortswein „Krems“ vom Grünen Veltliner, der nach knackigem Gelben Apfel, aber auch dem Inneren der Casali-Schokobanane, riecht. Und es meldet sich eine Charakteristik, die bei der Probe anlässlich des neuen Weingutsbesitzers noch öfter zu finden sein wird. Zu den fruchtigen Noten, die selten ausapern, kommt immer ein würziger, bisweilen an knackiges Gemüse erinnernder Anflug. Selbst bei diesem Einstiegswein mengen sich also Gelbe Tomaten in das Duftbild.
Der Kostschluck vom „Krems“ ist druckvoll, die zitrische Ader dieses Weins aus dem Jahrgang 2019 schwillt von Beginn an mächtig an. Erfrischendes Grün, auch hier wieder aus dem Beet (Koriander-Grün) und vom Baum (Grüner Apfel) stammend, steht zu Buche. Das ist aber kein Säuremonster oder ein lediglich mit grünen Aromen den Gaumen ab-kärcher-nder Wein der Marke „Sauvignon beim steirischen Heurigen“. Nein, immer bleibt der Veltliner als solcher erkennbar und trotzdem hängt er sich nicht zum Mitschunkeln ein. Eher klatscht er den Takt für eine Tarantella. Doch lassen wir das Tanzen, präziser steht in unseren Notizen dazu: „das moderne „resch““. Und das fasst auch die Zugangsweise Artur Toifls – nicht nur bei diesem Wein – zusammen.
So hat er länger getüftelt, wie die trockene Lage Gebling mit ihrem Konglomerat-Gestein nicht zu breite Weine ergibt. Ergo gibt es eine andere Sorte als den ubiquitären „GV“, nämlich Riesling. Und dem taugt es sichtlich hier. Die Kostprobe vom 2019er zeitigt eine sanfte Rauch-Note, viel jugendliche Marille, aber auch Gelbe Paprika sowie ordentlich erdige und würzige Noten. Dieser exotische Einschlag á la Currypulver täuscht nicht, das zeigt dann der schon etwas reifere Riesling vom „Gebling“.
„Kühlere Jahrgänge spielen mir eher in die Karten“
Artur Toifl, WG Thiery-Weber
Eine geradezu „indisch“ anmutende Variante stellt dieser „Rohrendorfer Ried Gebling“ 2018 dar. Es gibt nämlich auch einen Kremser „Gebling“. Er ist Schauplatz von Teil 2 in Toifls Aktionsplan zu mehr Finesse: Der Kremser Part erhält durch seine Ost-Ausrichtung spätere und kürzere Sonnen-Einstrahlung als der Rest des „Gebling“, der nach Süden schaut. Entsprechend kühler – Melone, weißer Pfeffer, Kumquats und Tabak – fällt der noch ein wenig reduktive 2019er aus. So oder so, der „Gebling“ bleibt die Parade-Riede Toifls, die auch von den ÖTW-Kriterien als „Erste Lage“ erfasst wurde. Doch kommen wir zum Wein der Stunde!
Der 2018er Riesling beginnt mit einem verführenden Duft nach Mango-Spalten und Kurkuma. Exotisch bleibt es auch nach dem ersten Ausatmen des Weines, dann kommen kühlere, gelbe Fruchtnoten – etwa Karambole (Sternfrucht) – zum Vorschein. Diesen Zug findet man dann auch im ersten Schluck vom „Gebling“. Doch ehe es so weit ist, signalisiert der Gaumen, dass ein Gast eingetroffen ist, dessen zweiter Vorname „Präzision“ lautet. Die feine Klinge wird bei der Würzigkeit ausgepackt, kein kitschiges Marillchen rollt hier vorbei, sondern Bockshornklee-Saat breitet einen Teppich aus. Darauf ruhen dann Kaktusfeige und Mango, wir wiederholen es: kühle Fruchtnoten, die im Finale auch noch leichten Gerbstoff zur Jause auspacken. Das Erstaunlichste an diesem Riesling ist, wie viel Freude er jetzt schon macht. Auch wenn man ihn noch gar nicht öffnen sollte.
Das unterstreicht sodann auch eine Rarität, die zum Vergleich bei Mayer & Freunde ins Glas kam: Der Riesling 2008 vom „Gebling“ zeigt immer noch Mango-Duft und eine rauchige Prägung, die zwischen angeröstetem Toastbrot und Sesam liegt, aber auch zarte Nuss-Noten aufweist. Dieser Wein ruht nach 12 Jahren in sich und will sich schlicht nicht aufzwingen lassen, wohin die Reise geht. Sie wird aber noch länger dauern, das macht jeder Schluck klar.
Das staunt der Laie: Kremstaler Sauvignon und Cabernet
Weniger für die lange Strecke, dafür aber für den sommerlichen Genuss (man sieht den Ziegenfrischkäse dazu förmlich vor sich beim Trinken!) wurde der 2019er Sauvignon Blanc gekeltert. Er zeigt, dass es auch im Reich des wohlschmeckenden (!) Grün Abstufungen gibt, die man in der Steiermark von der Sorte nicht geliefert bekommt. Denn die pikante Paprika-Note streift hier schon fast an das edelsüße rote Pulver an, dazu sorgt ein Touch, den man nicht anders als mit „Gurkenschale“ beschreiben kann, für kühle Frische. Dass sich diese so intensiven Noten auch im Geschmack finden, überrascht nicht. Das tut aber die Würze-Spitze, die sich immer wieder zwischen die herben Gurkenschale und die nicht weniger erfrischende Grüne Paprika schiebt. Das pikante Eckerl vom Kirschpaprika, das hier mitschwingt, hält bis ins Finish vor. Das knackige, engmaschige Potpourri wird davon fast flirrend frisch. Wer es bildlich liebt: So erfrischend wie eine Gazpacho im Hochsommer ist dieser Sauvignon Blanc.
Das mag verblüffen im Kremstal. Und eine dritte Überraschung neben dem „SB“ und seinem leider ausverkauften 2010er „Wolferl“, der köstlichsten Beeren-Restlverwertung, seit es das Kremstal gibt, schenkt Toifl dann noch ein. Der 2012er Cabernet Sauvignon steht nicht einfach dafür, dass Thiery-Weber auch Rotweine „hat“. Diese Grande Reserve zeigt, wie fein rote Trauben hier gedeihen (was übrigens auch die Fachschule Krems immer wieder vorexerziert; aber die steht halt nicht in der Vinothek, geschweige denn beim Supermarkt). Es riecht nach gequetschten Heidelbeeren, die man nicht mit dem „Kamm“ geerntet hat, sondern in denen noch ein bisserl Stengel-Anteil mitging. Das zart grüne Rückgrat dieses Weines erinnert an Cabernet Franc, was uns gefällt und nicht als Zeichen unreifen Leseguts verstanden werden soll!
Denn wunderbar sanft legt sich dieser Rote auf die Zunge. Nur um allmählich seine anderen Gesichter zu zeigen. Ricola, Hustensaft oder doch Kräuterbitter – das ist die erste Frage, die sich stellt bei seiner herb-erdigen Würze. Es ist ein Kellergeheimnis, wie dieser 2012er es schafft, die Beeren klar schmeckbar, aber ohne störende Süße zu halten. Kein Fruchtkitsch stört im Moment diesen wunderbar in sich ruhenden Cabernet Sauvignon. Wie ein Hollerkoch zeigt er aromatische Komplexität, aber auch eine tinten-herbe Dunkelfrucht samt Gerbstoff. Diese Eigenschaften werden ihn vermutlich auch in zehn Jahren noch zu einem der besten reinsortigen „Cabs“ in Niederösterreich machen.
Bezugsquelle:
Weingut Thiery Weber, Grüner Veltliner „Krems“ 2019 ist um EUR 8,90 zu haben, der Riesling „Rohrendorfer Gebling“ 2018 um EUR 19, der Sauvignon Blanc 2019 kostet EUR 9,50 und die Grande Reserve vom Cabernet Sauvignon 2015 kommt auf EUR 20 – alle im Webshop des Weinguts, www.thiery-weber.at