Ein bisschen still ist es um das Craft Beer geworden, da trifft sich ein unverho(p)ftes Wiedersehen gut! Denn die Flasche mit dem verspielten Etikett haben wir im Vorjahr schon mal gesehen, auch wenn die Erinnerung an das Bier namens „Camillo“ im Dunkel liegt. Doch diesmal gibt es zwei andere Abfüllungen mit der märchenhaften Optik der Hopfenspinnerei: Da wäre ein tapsiger Bär namens Eleonora, der uns heute mehr interessiert als der (Bier-)Löwe, der Camillo heißt.
Das Tanzbären-Bier ist nämlich ein Wit, für uns in Belgien mit Bier sozialisierte Trinker einer der liebsten Stile. Obergärig, aber nicht Bananen-satt wie viele Weizenbiere (Gewürznelke kommt für uns gleich nach Zimt bei den eher nicht so tollen Duftnoten!), sondern würzig dank Koriander und Orangenschale. Beide kommen in der Regel dazu, im Falle der in Schloß Walpersdorf bei St. Pölten situierten „Spinnerei“ schreibt man auch noch Pfeffer auf das Etikett. Das ist witzig, da beim Wit sonst gern ein bisserl Salz den Geschmack abrundet. Aber, so sagt es die Brauerin Evelyn Bäck: „We don’t brew normal“.
Das Spinnen bezieht sich nämlich eher auf die Herangehensweise, das Tüfteln mit Gewürzen, denn das alte Flachs-Handwerk. Bei der „Eleonora“ wurde jedenfalls eine ausgewachsene Fruchtbombe in hellem Orange daraus. Die bunte Kapsel nimmt die Farbe im Glas vorweg, bereitet aber nicht auf die Duftexplosion vor, die sich nach anfänglichem Zögern einstellt. Dieses gilt seitens des Verkosters der ersten Nase, denn die erinnert frappant an einen Jahrzehnte-lang nicht mehr genossenen Eindruck: CeFrisch-Brause! Doch diese künstliche Orangen-Note verfliegt zugunsten eines Gemischs aus Dosenpfirsich, Orangenspalten und noch nicht ganz pflückreifen Marillen.
Am Gaumen spielt sich das aber deutlich weniger fruchtig ab, denn der erste Schluck sorgt für Kräuter satt. In diesem Falle ist es eher wilder Thymian als Koriander, der vorlegt, bis dann die Zitrusnoten aufgeschlossen haben. Sie bringen saftige Blutorangen mit, auch ein leichter Hefezopf-Touch kommt durch. Dieser Blick in die Entstehung des Weizenbiers wird noch verstärkt durch die klare Getreide-Note, die sich im Finale sehen lässt. Die erinnert an Cornflakes und das Malz dieses „Eleonora“. Es ist sicher ein Stil innerhalb des Bier-Stils, der an sich schon polarisiert. Für uns ist das witzige kleine Flascherl aber eines der ersten Sommerbiere für das Jahr 2020.
Aus persönlicher Sicht noch witziger, weil beim Wort „Rundschau“ und einem Zeitungskopf immer die „Nö. Rundschau“ assoziiert werden wird, ist das zweite Bier im Glas. Hier hat Evelyn Bäck die fabulöse Linie mit den Märchentieren verlassen, stattdessen steht eine stilecht mit „(red.)“ gezeichnete Notiz am Label. Sie nimmt auf die Brau-Geschichte St. Pöltens bezug und wird von fröhlichen Retro-Trinkern flankiert. Das Ale namens „Wundermildes“ hat eine Tee-braue Naturtrübung, die im Duft an die guten alten „Stollwerck“ – insofern wieder ein bisserl retro –sowie gedämpfte Maroni wie aus dem Dim Sum-Körberl und entfernt auch an Lotoswurzel erinnert.
Das cremige Mundgefühl mit seinen sanften Tönen lässt zum einen an Makronen und anderes Mandelgebäck denken, der Vanille-Touch hat auch ein bisserl was von einer Cremeschnitte. Wobei: süß ist hier nichts, aber schön buttrige und geschmeidig. Erst allmählich blitzt die – gar nicht ´mal so geringe – Bittere dieses Ales auf. Ein wenig hat es was von den klassischen britischen Pub-Bieren, die technisch manchmal auch Bitters waren. In jedem Fall eine schöne Abwechslung sowohl zum altbekannten Märzen und zum anderen auch weit genug entfernt von fruchthopfigen Craft Beer-Exzessen. Ein schönes, auch gastronomisch vielfältig zu „paarendes“ Bier. Und so ganz anders als „Eleonora“, die ungestüme, blonde Fruchtbärin!
Bezugsquelle:
Hopfenspinnerei, „Eleonora“ (Wit) ist um EUR 3,40 (0,33 Liter-Flasche) erhältlich, „Wundermildes“ (ebenfalls in der 0,33 Liter-Flasche) um EUR 2,50, beide im Webshop, www.hopfenspinnerei.at