„Wir haben das umgekehrte Problem wie ihr“, lacht Georgios Kassianos. Zyperns Sommelier-Präsident leitet auch Teil 2 der Reise durch die alte Weininsel ein, die sich gerade neu erfindet. Denn in Zyperns Weinbergen geht es nicht um die Reife und die Sonnenexposition der Reben, sondern den Schutz für zuviel Fruchtigkeit: Dafür steht die Buschkultur (am Bild rechts zu sehen), bei der sich der Rebstock selbst Schatten spendet. Anstelle der auf Drähten aufgespannten Äste („Strecker“), die die Trauben z.B. in Österreich weitgehend ohne Sonnenschutz lassen, sorgt diese Methode in den Bergen von Paphos bzw. Limassol, den beiden großen Anbaugebieten, für einen ungewohnten Anblick. Aber auch in immer höhere Lagen weicht der zypriotische Weinbau aus. Denn Frische und Säure zählen immer mehr – selbst beim traditionell mit Restzucker gefülllten Rosé geht man es mittlerweile immer öfter trocken an.
Die besten Ergebnisse, das zeigen die Verkosttage, bei den „rosa“ Abfüllungen bringen Blends aus würzigen Sorten aus Übersee (etwa Shiraz oder Cabernet Sauvignon) mit den einheimischen Lieblingen wie Lefkada oder Maratheftiko. Marcos Zambartas etwa setzt auf eine Mischung aus 60% Lefkada und 40% Cabernet Franc und bringt so einen nach Himbeere, Cassis und roten Paprikaschoten duftenden Rosé hervor. Als Rotwein führt der junge Winzer eine Cuvée aus Lefkada und Shiraz. Marzipan, Kokosnuss und eine an Rumzwetschken erinnernde satte Fruchtigkeit stehen hier zu Buche. Der Wein im Glas stammt aus dem Jahrgang 2013, ist aber bei allem Holzeinsatz, der noch zu merken ist, jugendlich geblieben. Die runde Art, mehr Sauerkirsche als Zwetschke am Gaumen, und vor allem ein Kräuterfinish (Borretsch) machen Spaß. Der Sohn des Begründers der zypriotischen Sorten-Renaissance, Akis Zambartas, hat gelernt, wie er die Säure im Roten hält!
Majestät M. – Vormarsch des Roten Königs
Maratheftiko, die wichtigste Rotwein-Sorte des Landes, erinnert an einen Blaufränkischen, was die satten Kirsch-Noten betrifft, die bisweilen auch fast an Marzipan anstoßen. Einen perfekten Wein dieser Sorte erlebt man bei der Ezousa Winery, die Eigentümer Michalis Constantinides (links im Bild) nach einem Fluss im Bergland von Paphos benannt hat. Sein Maratheftiko stammt aus einer Einzellage und der „Metharmi“ 2015 zeigt auch die Tiefgründigkeit und Wertigkeit der vulkanisch geprägten Böden: Dem Duft nach Weichseln – hier sind es fast schon getrocknete Beeren, so herb riecht das – folgt auch Leder und Johannisbrot-Frucht (die auch Karob genannten Bäume wachsen in den Panayia-Bergen häufig). Saftige Kirsch-Frucht und ein Hauch Marzipan, der unverkennbar mitschwingt, leiten den 2015er am Gaumen ein. Der Boden-Ton bricht sich mit einem kräutrig-würzigen Finish seine Bahn. Irgendwo zwischen Lorbeer und Thymian klingt dieser noch jugendliche Maratheftiko aus.
Kostas Tsiakkas wiederum, den wir bereits in Teil 1 der Zypern-Weinkost erwähnt haben, hat einen anderen Typus zu bieten. Bleibt man bei unserer Parallele zwischen Maratheftiko und Blaufränkisch, dann stünde seiner für das Mittelburgenland – und der von Ezousa für den Eisenberg. Auch der „Vamvakada“ stammt aus dem Jahrgang 2015 und bringt eine unverkennbare Sauerkirsch-Duftnote mit. Heller und strahlender ist die Fruchtigkeit in der Nase, auch am Gaumen zeigt sich der Wein der Tsiakkas Winery zugänglicher. Eine zarte Kaffee-Note erinnert an den Fass-Ausbau, das jugendliche, aber recht elegant hingetupfte Tannin paßt dem zwischen Preiselbeere und Weichsel angesiedelten Frucht-Körper gut. Bemerkenswert dann die Anklänge von schwarzer Trüffel im Abgang. Da kommt noch mehr – denn Maratheftiko darf man durchaus weglegen. Das beweist die Gegenprobe des 2012er „Vamvakada“, der mit seiner erdigen Art und einem Touch Langpfeffer trocknend im Finish wie ein großer Franzose ausfällt. Hier siegte die Struktur bereits über die Primär-Frucht!
Die Rückkehr der roten „Hansl-Traube“
Doch vorerst einmal genug vom Roten König des zypriotischen Weinbaus. Ganz eigenen Charakter hat jene Sorte, die so selten war, dass der Besitzer ihres Weingartens zum Namensgeber wurde. Denn nur bei Yiannis gab es diese Traube, die heute als „Yiannoudi“ wieder stärker gepflanzt wird. Lange hat man sie selbst für Maratheftiko gehalten und heute findet sie sich im Portfolio von Andreas Kyriakides Weingut „Vouni Panayia“.
Der Mann, der wie ein britischer Colonel wirkt, hat nicht von ungefähr das wilde Bergmufflon als Emblem seiner Winery gewählt, als er als Weinexperte das Ministerium verließ. Ausschließlich einheimische Sorten kultiviert der Schnauzbart-Träger (kleiner Foto) mit seinen zwei Söhnen. Und der 2014er Yiannoudi ist ein echtes Aushängeschild: Der Duft wirkt eigen, mit Spuren von Klarlack und etwas Unterholz, in dem man auch Wacholder riechen könnte. Der Kostschluck allerdings versöhnt mit dieser charaktervollen Sorte; immer präziser werden die herb unterlegten Beerennoten. Im Abgang vermischen sich Leder, Bockshörndl und auch schwarze Oliven zu einem nicht anders als „mediterran“ zu nennenden Gesamteindruck.
Und genau deshalb sind Zyperns jenseits der 1000 Meter Seehöhe geernteten Weine auch so spannend – denn sie vereinen Reife und einen kühlen Charakter.
Bezugsquellen:
Zambartas Winery, Shiraz-Lefkada 2015 ist um EUR 18,95 zu haben;
Tsiakkas, Maratheftiko „Vamvakada“ 2015 ist um EUR 15,95 erhältlich;
Vouni Panayia, Yiannoudi 2014 kostet EUR 18,95 – alle beim Spezial-Versand „Wein aus Zypern“, www.weinauszypern.de
Ezousa Winery, Maratheftiko „Metharmi“ 2015 ist um ca. EUR 22,50 beim Schweizer Händler Paphos-Weine erhältlich, www.paphosweine.ch