Wer wird bester Wein Zyperns? Dieser Frage ging man in Limassol nach und als Zaungast schnupperte Trinkprotokoll.at an unzähligen Gläsern mit Weinen, die man erst einmal auszusprechen lernen muss. Maratheftiko, sagen wir jetzt mal. Den Zyprioten geht das zwar leicht von den Lippen, doch manches davon geht erst seit kurzem in die Kehlen. Zwar ist die Inselrepublik uraltes Wein-Land, wovon nicht nur die weltbekannten Fresken im „Dionysos-Haus“ in Paphos zeugen. Die Methode etwa, mit der jahrhundertelang der Süßwein Commandaria aus sonnen-getrockneten Trauben erzeugt wurde, findet sich schon beim alten Hesiod beschrieben.
Was danach kam – von Johanniter-Kreuzrittern, Osmanen und britische Kolonialherren – überspringen wir, denn es geht ja um den gegenwärtigen Zustand des zypriotischen Weinbaus. Und der hat sich von der Dominanz der vier großen Traubenaufkäufer, der bis in die späten 1980er die Szene beherrschte, emanzipiert. Der Weg dahin hieß Besinnung auf die einheimischen Sorten, der Wegweiser Akis Zambartas. Der Önologe der Genossenschaft KEO sorgte für ein Umdenken, das Klöster genauso umfaßte wie ehemalige Beamten und Banker. Sie alle wandten sich dem Weinbau zu bzw. füllten erstmalig eigene Flaschen ab. Und mit dem Erben von Zambartas, seinem Sohn Marcos, beginnt auch Teil 1 der Zypern-Reise.
Er schenkt die wichtigste weiße Traube der Insel, den Xynisteri, ein. „90% der Weine Zyperns werden im ersten Jahr nach dem Kauf getrunken“, wird dazu später der Sommelier des Annabelle-Hotels, Georgios Kassianos, erläutern. Beim 2017er Xynisteri kann man das nachvollziehen, er wirkt mit seiner an Kamille und Gelben Apfel erinnernden Nase ein wenig wie ein salziger Welschriesling. Jugendlicher Trinkspaß, befördert von einem saftigen Birnen-Geschmack, steht bei Zambartas‘ Einsteigswein (es gibt auch eine Einzellage mit 30 Jahre alten Stöcken) zu Buche.
Die Sorte sei ideal für die Insel, erklärt derweil Marcos Zambartas, „sie hält unsere Trockenheit gut aus“. Denn das Hauptproblem der Winzer auf den Licht reflektierenden Kalkböden liegt genau darin, nicht zu viel Sonne auf die Reben kommen zu lassen. Busch-Rebstöcke, die im Gegensatz zur Hochkultur an Drähten viel Sonnenschutz für die Trauben bieten, findet man daher auf der ganzen Insel.
Ein Verbündeter dabei ist die Höhenlage, denn hier kühlt der Wind die Trauben, wie Kostas Tsiakkas erklärt. Er ist besagter Banker, der vor mittlerweile 30 Jahren seine Winery in den Bergen eröffnete. In Pelendri fällt der Xynisteri deutlich anders aus. Was nicht nur daran liegt, dass er 3% Muskat Alexandria beimischt. Gegenüber den 800 Metern von Marcos Zambartas Weingut befinden wir uns hier auf fast 1.000 Metern und zu den bekannten Kamillen-Düften gesellen sich neben Melone und Birne auch mineralische Noten in der Nase. Sie geben dem 2017er, den Tsiakkas (kl. Bild rechts) einschenkt, das Rückgrat. Der Mix aus Apfel und Birne am Gaumen wäre sonst eindimensional saftig. So aber wird ein trinkanimierender Wein mit feinem, salzigen Hall daraus.
Kyperounda, 1.400 Meter: Europas höchste Winery
„Das ist der Basalt vom Boden des einstigen Urmeeres Thetys“, erläutert Minas Mina fachkundig den Kosteindruck. Der Önologe, der sich um die Weine von Kyperounda kümmert, ist Rekordhalter. Mit 1.400 Metern gilt sein Weingut als Europas höchstes, da können Südtiroler und Schweizer noch so sehr schreien. „Und wir gehen vermutlich noch höher“, spricht er den Klimawandel an. Der Xynisteri vom Basaltboden stellt die bisherige Spitze dieser Sorte dar – um im Berg-Jargon zu bleiben. Der Name des 2017er „Petritis“ mag wie eine Entzündung klingen, er ist aber der perfekte Ausdruck dieser Sorte. Zwei Faktoren machen ihn aus, der kurze Ausbau („vier bis fünf Monate, mehr will ich nicht“, so Mina) eines 20%-igen Anteils im Eichenfass und der Boden. So ergibt sich ein Wein mit feiner Säure, der mit seiner leichten Salzigkeit und der betont trockenen Apfelfrucht entfernt an Chablis erinnert.
Die fruchtigen Duftnoten, die zwischen Orangenblüten, Vanille und den süßen Mandel-Honig-Gerüchen eines „Bienenstich“ pendeln, bereiten auf diese Präzision am Gaumen nicht vor. Der „Petritis“ ist der perfekte Fischwein, noch besser passt er zur leichten Süße von Krustentieren, die einen Gegenpol zu der salzig-trockenen Art dieses Berg- Xynisteri aufbaut.
Dass der vermeintlich im ersten Jahr ausgetrunkene Xynisteri auch ein beachtliches Lagerpotential aufweisen kann, zeigt eine Kostprobe, die Minas aus dem Jahr 2007 einschenkt. Wäre wohl so, als würde man einen Welschriesling nach elf Jahren entkorken. Doch die Ähnlichkeit dessen, das da im Glas tanzt, liegt mehr beim Rheinriesling. Den überreifen Duftnoten von brauner Ananas und Bergamotte folgt ein Schwung Petrol – wie man es von reifen Wachauer Rieslingen kennt. Auch am Gaumen wirkt die nun intensivere Frucht und er nachklingende Rest von Mineralität ähnlich, wie man es von alten Riesling-„Smaragden“ kennt. Diese Intensität muss man mögen. Unzweifelhaft mochte man aber den 2017er Xynisteri von Kyperounda. Er holte sich den Sortensieg bei Zyperns Wine Contest – mehr als verdient, wie wir Sorten-Novizen meinen.
Bezugsquellen:
Zambartas Winery, „Xynisteri“ 2017 ist um EUR 9,25 erhältlich, Tsiakkas‘ „Xynisteri“ 2017 kostet EUR 8,45 pro Flasche und Kyperoundas „Petritis“ 2017 gibt es um EUR 8,95, alle beim Spezial-Versand „Wein aus Zypern“, www.weinauszypern.de