Man könnte jetzt mit dem Superlativ beginnen, den der Besuch bei Minas Mina und seinem Weingut Kyperounda darstellt. Denn mit 1.400 Metern gilt das zypriotische Gut als das höchstgelegene in Europa. Doch man sollte den Tüftler in Pitsilia nicht auf dieses Faktum reduzieren. In der Tat stammen von hier einige der besten Weine der Insel, vor allem der Rosé und der weiße „Petritis“, ein Musterbeispiel eines frischen Xynisteri. Zudem ist aber die qualitative Geschlossenheit der Serie ungewöhnlich für die recht junge Geschichte des modernen Weinbaus in Zypern. Das schreiben wir locker her, weil wir den Weg, den man in den Bergen 50 Kilometer außerhalb von Limassol verfolgt, nun auch schon ein paar Jahre kennen.
Von einem „Upgrading“ etwa spricht der Winzer bei der wichtigen Sorte Xynisteri – hier hat Minas ein Experiment am Start, das eine Einzellage unter die Lupe nimmt. „Dysi“ (Δύση) und „Anatoli“ (Ανατολή) heißen die beiden Weine, die mit etwas Griechisch-Kenntnisen als „Ost“ und „West“ zu identifizieren sind. Und genau das – die Ausrichtung der Rebstöcke zur Sonne – macht den Unterschied. Vinifiziert werden beide in je 1000 Flaschen und somit gibt es sie praktisch nicht im Export. Schade, denn die 2019 erstmalig gefüllten Weißweine unterscheiden sich deutlich. Und sie sind Teil des bislang größten Forschungsprojekts in Sachen Wein. Zypern will herausfinden, woher die Aromatik ihrer einheimischen Rebsorte genau kommt bzw. welche Einflussfaktoren den Xynisteri-Geschmack bestimmen.
Doch vom „work in progress“, das wir in Pitsilia verkosten durften, zu einem anderen Experiment, diesmal in Rot gehalten. Neu für uns war nämlich auch der „Alma“, ein 100%-iger Maratheftiko, bei dem sowohl mit der kühlen Mazeration (zehn Tage bei zehn Grad) der Trauben, als auch dem Holzeinsatz „gespielt“ wurde. Neun Monate wanderte der Wein ins Barrique und das Ergebnis ist ein spannender Rotwein, der mit 12,5% Alkohol schon Leichtigkeit andeutet. Dieser Wert spiegelt sich auch in den floralen Duftnoten des Weines wider – Rosenblätter und Hibiskus, ein Touch von Früchtetee und Grüner Pfeffer als würzende Komponente machen den Geruch dieses Kyperounda-Rotweins aus.
Im Mund setzt sich die frische, säurige und im positiven Sinne (!) leicht grüne Stilistik fort. Man denke an Himbeer-Püree ohne jede Süße oder auch frische Weichseln, dann kommt man dem ersten Schluck des „Alma“ 2020 nahe. Weißer Pfeffer und eine sehr fein gesponnene Tanninstruktur geben dem Maratheftiko dann Struktur, die mit der kühlen Frucht perfekt harmoniert. „Denn Gerbstoff der Kerne wollten wir vermeiden“, erläutert Minas Mina seine Idee, zwar möglichst viel aus der Schale zu extrahieren, aber keine Bitter-Noten in Kauf zu nehmen. Schließlich bedeutet „Alma“ hier auch nicht „Seele“, sondern „Sprung“ – im Sinne von Qualitätssprung.
Bezugsquelle:
Kyperounda Winery, der Maratheftiko „Alma“ 2020 kostet EUR 13,95 bei „Wein aus Zypern“, www.weinauszypern.de