Wir kennen uns ein Weilchen, aber in der (nicht einmal so) neuen Funktion als Whisky-Botschafter traf ich Mario Kappes nun erstmals. Die Eröffnung von Wiens neuer 5-Stern-Hotel-Bar „26°EAST“ im Hansen-Kempinski gab die Gelegenheit zu einem Besuch des Hamburgers bei Barchef David Penker. Der Mann, der im „Le Lion“ nicht nur Unmengen von Gin Basil Smashs gemixt hatte, stand aber nicht nur in einer Gastschicht am Bartresen, sondern agierte auch davor – mit den Abfüllungen von The Dalmore zur Hand.
Der Highland-Malt nutzt die Gerste der nahe gelegenen „Black Isle“ (oberhalb von Inverness), doch das eigentliche Geheimnis stellt ein Fassmanagement dar, das bewußt zu den letzten „guten“ Sherry-Qualitäten greift, also jenen, in denen durchgängig 30 Jahre Gonzalez-Byass Sherry lagerte. Das Haus hinter dem „Tio Pepe“ hat nämlich auch den 30-jährigen Matusalem, einen Oloroso Dulce, in dessen Gebinden man am Cromarty Firth dann Single Malts nachreift.
Entsprechend ungern hört Kappes, dass man von Sherry-Fässern spricht, ohne ihre Vorgeschichte zu thematisieren. „Irgendwas“ zwei Jahre zu reifen, um dem Gesetz Genüge zu tun, bringt eben kein mit der Aromatik von Jahrzehnten durchtränktes Fass. Was machen die Spanier mit dem angeblich so guten Sherry dieser für den Export gerichteten Fässer? „In vielen Fällen einfach Essig“, erstaunt der hanseatische Highlander das Wiener Publikum.
Das sollte man wissen, wenn man sich über die Komplexität des „12 years“ von Dalmore wundert – dem Einsteigermodell gewissermaßen. Alge, zarter Rauch und eine leichte Pikanz (Piment d’Espelette) mischen sich mit salzigem Toffee im Duft. Das wäre noch nicht weiter ungewöhnlich für alles nördlich der Speyside, doch spannend wird es am Gaumen. Der „Zwölfer“, wie man angesichts des silbernen Zwölfenders als Wappentier der Destillerie ohne Respektlosigkeit sagen kann, baut sich nämlich quasi nach hinten hin auf. Was sanft beginnt im Antrunk – wir notieren: viel Orange, aber auch Haselnuss und etwas Pfirsich – setzt lange nach. Die Schokolade macht aus der Orange „Jaffa Cakes“, der grüne Pfeffer verlängert den „dram“ am Gaumen und das ganze getragen von jener Sherry-Süße, die gerne an Datteln erinnert.
Wenn ihr hört „im Sherry-Fass gelagert“, am besten bis zehn zählen. Wenn dann nichts mehr nachkommt, könnt ihr gleich heim gehen.
Mario Kappes, Marken-Botschafter „The Dalmore“
Sein Pendant, das kann man vorwegnehmen ist der 18-jährige Whisky, der die gleiche Reifungsabfolge aufweist wie der „12 years“, aber eben drei volle Jahre im Matusalem-Fass gefinished wird. Wer nun mehr Süße erwartet, wird nicht enttäuscht. Denn der Duft allein trägt schon mehr fruchtige Noten mit als der Vorgänger. Orangenspalten, aber auch Karamellcreme (man darf auch sagen: „Milky Way“ beinahe) und jenes süße Malz, das man früher in die Ovomaltine-Riegel tat. Der Inbegriff der Farbbeschreibung „dunkles Bernstein“ beginnt soft und mit wenig ausgeprägter Frucht, doch man sollte ihm Zeit geben. Aus der schokoladigen Intensität schält sich dann kandierte Orange (Aranzini), aber auch gemahlener Koriander. Über einen Touch Kakao mündet das in ein trockenes Finale, das dann an Macadamia und gesalzene Erdnüsse erinnert.
Vom Alter her dazwischen steht der „15 years“, den Richard Patterson für The Dalmore gestaltet. Und hier ist keine Orange, sondern satter Pfirsichduft angesagt. Viel Walnuss (kuchenartig, diese Intensität!) und ein Pumpernickel-Anklang sind auch da. Milchschokolade und braune Birne stimmen ein, doch hier dreht sich die Aromenfolge des „Zwölfers“ um: Was mit zugänglicher Frucht begann, legt an Schärfe zu und das ist wörtlich zu nehmen. Eine Dosis Piment und Feigen drehen im Abgang in Richtung Chili, sogar eine zarte Rauchnote ist dann zu spüren. Das ganze in einer betont langen Folge, der „15 years“ bleibt schön haften!
Das Centerpiece, das Mario Kappes in der „26°EAST Bar“ entkorkte, war allerdings der „King Alexander III“, ein komplexer und ausgesuchter Singe Malt, der in sechs Fass-Arten reifte. Neben dem obligaten Ex-Bourbon-Cask bilden süße Weine wie Matusalem-Sherry („30 V.O.R.S.“ für die Sherry-Kenner), Madeira, Marsala, und Port die Basis, lediglich der Cabernet Sauvignon, der einen Teil der Fässer zuvor „belegt“ hatte, bringt vorwiegend Würze ein. Das Ergebnis ist anfangs ebenso widersprüchlich im Duft wie die Fass-Mischung: Gianduja und rote Paprika riecht man zugleich, dazu auch getrocknete Tomate, Liebstöckl und Kirschblüten. Der erste Eindruck am Gaumen läßt sich als „flüssiges Karamell“ zusammenfassen, dazwischen wird es deutlich „rotfruchtig“, dann gehört die Szene Kirschen und rotem Apfel. Denn auch der Gerbstoff der Apfelschale ist da, im Rückaroma aber dominiert die Haselnuss.
Das alles kann man aber im nächsten Moment schon wieder streichen, weil sich dieser außergewöhnliche Single Malt Whisky schon wieder neu sortiert. Gemacht für lange Abende – durchaus auch an der eigenen „Bar“.
Bezugsquelle:
The Dalmore, „12 years“ ist um EUR 52 erhältlich, der „15 years“ um EUR 75, der „18 years“ um EUR 109 und der King Alexander III kostet EUR 179, alle beim Spezialisten Potstill, www.potstill.org