Zum heurigen Festival Wein am Berg in Sölden, dem grandiosen Abschluß der Skisaison im Hotel Central, hatte RWB-Mitbegründer Hans Feiler einen besonderen Wein mitgebracht. Der von Kollegen ob seiner Verdienste um die Ruster Fernsehserie „Der Winzerkönig“ gerne selbst als „Winzerkönig“ begrüßte Altmeister schenkte eine süße Burgundercuvée aus dem Jahre 2008 ein. Der Ruster Ausbruch, eine der edelsten Süßweinspezialitäten des Landes, hat nur ein Problem – er paßt nicht in den Zeitgeist. Oder, wie Gerhard Kracher am anderen Neusiedler See-Ufer es zum Bonmot verdichtet hat: Wo süß drauf steht, könnte auch giftig draufstehen. Ein Zeitgeist, der lieber Light-Versionen von allem konsumiert und geschmacksarme, mit einem bundesdeutschen, aber ausnahmsweise treffenden Ausdruck gesagt: „enteierte“, Produkte forciert, will es so.
Jetzt steht allerdings nicht täglich eine Magnum Trockenbeerenauslese neben dem Schreibtisch; vielmehr verschwindet das Angebot der einzigen Welt-Spezialität aus Österreich von den Speisekarten. Beziehungsweise wird es ersetzt durch Importe wie den Banyuls, der als Rotwein seine Süße durch eine Tanninmaske kaschiert. Weit hamma’s bracht‘. Doch um mich nicht in einen Chauvinismus-Anfall hineinzuschreiben, der immer deplaziert ist, wenn’s um Genuss geht, widmen wir uns dem Wein, den Feilers Sohn Kurt da gekeltert hat.
Bereits die Nase ist deutlich vielschichtiger, als das die Süßweingegner erwarten würden: Kühle Noten nach geeister Traube finden sich ebenso wie eine deutliche Tropenfrucht (Mango) und die zarte Mandelröstigkeit von Spekulatius-Keksen. Ähnlich komplex geht es am Gaumen weiter, wenngleich sich die satte tropische Komponente immer wieder durchsetzt. Doch zwischen reifer Ananas und Mangogelée (vor allem im Abgang) blitzen auch Kumquats und anderes Zitrusfrüchte durch. Denn der Ausbruch hat eine lebendige Säure, die ihm Struktur verleiht. Die schönste, weil unerwartete Komponente allerdings stellt eine gewisse Rauchigkeit des Ruster Pinot-Gemenges dar, die ab der Mitte auf der Zunge zu spüren ist, ehe man wieder eine satten Woge exotischer Früchte darüber hinwegbranden läßt.
Das hat Rasse, Struktur und ja, auch Zucker. Doch wer diesen Ausbruch darauf reduziert, kennt wohl auch Château Latour nur als „so ein rötlicher Wein“. Aber Zwangsverkostungen sind hierzulande halt nicht mehrheitsfähig, obwohl sie manches Vorurteil kurieren würden…
Bezugsquelle:
Feiler-Artingers Ruster Ausbruch „Pinot Cuvée“ 2008 ist ab Hof um EUR 21 (0,35 Liter) erhältlich, www.feiler-artinger.at