Man kostet Wein, die Sommer-Sonne tut ein Übriges und dann passiert es in der entspannten Laune. Man gibt dem Winzer einen Ratschlag. „Könnte nicht ein wenig Muskat, sagen wir: 15%, die Fruchtigkeit des Weins noch erhöhen“? Mehr braucht es aber auch nicht. Denn kurz haben wir vergessen, wo wir in Zypern gerade sitzen. Nicht, dass Andreas Kyriakides keine Ratschläge mag, im Gegenteil. Der Winzer will stets wissen, was die Gäste von seinen Weinen halten. Die letzte der Gründerfiguren des modernen zypriotischen Weinbaus macht nur klar: „We do not need Bastard-wines“!
Für den Chef von „Vouni Panayia“ sind damit alle Sorten gemeint, die nicht aus Zypern stammen. Sauvignon blanc, Chardonnay, Merlot wie bei vielen anderen Winzern kommen ihm nicht in den Weingarten!
Wir hätten es wissen sollen; Vouni Panayia wurde ja nicht zum ersten Mal von uns besucht. Der kantige Pionier des modernen zypriotischen Weinbaus und seine Söhne waren im Trinkprotokoll.at schon mit ihrem Rotwein Maratheftiko zu finden.
Diese starre Sorten-Richtlinie bedeutet aber nicht, dass sich der Winzer Neuheiten verschließen würde. Im Gegenteil; die meiste Zeit unseres Besuchs verkosten wir die Experimente mit der Mikro-Vinifikation der zypriotischen Sorten. „Wir suchen nach dem Optimum für jede der lokalen Sorten“, erklärt Andreas Kyriakides den hohen Aufwand. Denn jede Abfüllung dieser 2017 begonnen Serie hat ein eigenes Künstleretikett und einen Namen, der meist poetisch auf die Gegend anspielt. Mal gibt es 80 Flaschen eines Experimentalweins, mal wird es doch mehr, leider schafft es aber auch bei 400 Flaschen keine in den Export.
Pavlos Kyriakides (kl. Bild links) hat vor allem beim Morokanella einige Varianten zum Kosten. „Spieglein, Spieglein an der Wand“, heißt eine Abfüllung etwa, das Label zeigt ein Erdbeere, deren Spiegelbild aber eine Zimtrinde darstellt. Das illustrierte Wortspiel nimmt die lokale Eigenart auf die Schippe, die großen Trauben der Sorte „Erdbeeren“ zu nennen, während der Name doch an Zimt („canella“) erinnert.
Die spannendste Abfüllung, sollte jemand dieser Tage in den Bergen von Laona-Akamas kreisen, war für uns der „γης“, übersetzt: Erde. Der riecht nach Thai-Basilikum und Walderdbeere, wie ein Riesling mit Fruchtsüße beginnt er im Mund und klingt dann mit einem fast schon pikanten Finish aus. Komplex schon in der Jugend! „Andartes“ heißt ein anderer Wein (ein Maratheftiko, irgendwo zwischen Heidelbeeren und Assam-Tee angesiedelt) wie die Widerstandskämpfer aus dem 2.Weltkrieg. Ein weiteres Label der Serie, die mit Maischestandzeiten und Fass-Lagerungen spielt, zeigt dann die drei Gründer des Weinguts. Wir sind perplex: Andreas Kyriakides sieht mit Schnauzer und Lese-Strohhut heute exakt so aus wie am Weinetikett.
Solche Spielereien lassen sich in den kleinen Auflagen treiben, sind wichtig und bringen die Winzer technisch weiter. Doch die „Brot und Butter“-Weine von Vouni Panayia sind andere – aber natürlich ebenfalls endemische Rebsorten. Gut die Hälfte macht der Xynisteri am Weingut aus, der unter anderem unter dem Namen „Alina“ verkauft wird. Der weniger bekannte Spourtiko ist eine weitere. Und er erweist sich als veritabler Sommer-Hit. Neben dem beliebten Xynisteri macht diese Sorte vor allem als Aperitif gute Figur, bekräftigt unser Sitz-Nachbar, Zyperns Sommelier-Präsident Georgios Kassianos.
Was aber nicht heißt, dass sie eine unterkomplexe Art hat. Bei Kyriakides & Sons etwa kommt das Honigmelonen-Aroma der Sorte fein durch, aber auch Pink Grapefruit und Pfirsich-Schalen meldet die Nase. Der kalkige Boden sorgt für einen Touch Salzigkeit, die uns nicht nur im Duft begegnen wird. Saftig und mit einem Gemisch aus Nektarinen und Zitrusfrüchten legt sich der 2018 von „Vouni“ auf den Gaumen. Etwas Orangen-Fruchtfleisch vermeint man in der ebenso herben wie zitrusfrischen Mixtur zu schmecken, vor allem im Finish kommen bittere Einsprengsel klarer zum Vorschein.
Nun schlägt auch die saline Natur dieses Spourtiko durch; die Salzigkeit trägt die Zitrus-Früchte über die Ziellinie. Wie fruchtiges Meerwasser verhält sich dieser Wein – man will mehr trinken von diesem wunderbaren Mittelmeer-Weißen. Und erst recht, als Pavlos Kyriakides zu Tisch bittet und der frische Halloumi aufgetragen wird. Wir sagen: ευχαριστώ!
Bezugsquellen:
Vouni Panayia, Spourtiko 2018 ist um EUR 11,65 beim Onlinehandel „Wein aus Zypern“ erhältlich, www.weinauszypern.de