Leidenschaft ist eines der Kennzeichen von Lorena Vasquez. „Ich liebe Rum!“, ruft die Master Blenderin von Ron Zacapa etwa mitten unter ihrer Präsentation aus – um einen Extraschluck der „Etiqueta negra“ aus Guatemala zu nehmen. Die quirlige, kleine Rum-Queen kam aber nicht nur zum Begutachten der Old Fashioneds nach Wien, die Daniel Schober im Clandestino mixte (u. a. mit Langpfeffer oder Dattelzucker als aromatische Ergänzung).
Mit im Gepäck hatte Vasquez (am kleinen Foto rechts) auch das Flaggschiff der Rum-Marke, die auf die Verwendung von „virgin cane honey“, also eingekochtem Zuckerrohr-Saft, setzt. „Melasse ist eben ein Nebenprodukt“, ließ sie keinen Zweifel an der Vorliebe für den einkonzentrierten frischen Saft, der in der Ebene vergoren und destilliert wird, aber in der kühlen Luft des guatemaltekischen Hochlands auf 2.300 Metern Seehöhe reift. Die jüngste Kreation der Master Blenderin hat allerdings auch viel mit Frankreich zu tun. Für die fünfte Reifung der Rums – nachdem u. a. Ex-Bourbon und Oloroso-Sherry-Fässer im Spiel waren – bediente man sich in den „Bois de Roi“ in der Auvergne und den Vogesen. Jean-Baptiste Colbert, heute als Begründer des Merkantilismus in den Schulbüchern verzeichnet, ließ die Wälder vorsorglich im 17. Jahrhundert als Finanzminister anlegen.
Eigentlich sollten sie später einmal der Marine zur Verfügung stehen, doch statt den Schiffsbauern lieben sie heute die Küfereien: Allier, Nevers, Vosges und Tronçais sind zwar alles Eichen-Wälder, doch die Poren ihrer Bretter ergeben recht unterschiedliche aromatische Möglichkeiten. Das feinporige Tronçais ebenso wie die benachbarten Eichen von Allier unterscheidet ihr ausgeprägter ihr Vanille-Ton von den höher wachsenden Vogesen-Eichen. Die grob-porige Vosges-Eiche wiederum gibt dafür mehr Struktur, während das Nevers-Holz bei der Porigkeit zwischen den beiden Extremen steht und unter Winzern für seine würzigen Noten geschätzt wird. Was man nicht alles lernt bei einem Glas Rum!
Denn alle vier ehemaligen Königswälder, heute staatlich verwaltete „forêt domaniales“, steuerten Dauben für die finalen Ruhe-Gefäße im „Haus über den Wolken“, dem Lagerhaus Zacapas, bei. Der „Royal Solera Gran Reserva Especial“, so der lange Name des raren Rums aus dem Spezialfass, wird hausintern als „Hommage an die Wälder“ betrachtet, so Lorena Vasquez. Und ein dezenter Holzton, ein wenig an Zedern-Kistchen erinnernd, schimmert auch durch die süßeren Noten des Rums durch. Vanille-Zucker, Milchschokolade im Übermaß, dazu auch Macis (Muskat-Blüte) und gegrillte Ananas stehen zu Buche. Der Mix daraus erinnert ein wenig an „Maltesers“. Am Gaumen beginnt der mit kräftigen 45% gefüllte „Zacapa Royal“ rund und sanft, wieder fließt ein kühler Strom Milchschoko über die Zunge, die Würze allerdings lauert nur im Hintergrund.
Die offenbar der Nevers-Eiche geschuldete Pikanz, bricht als Spätzünder erst im Finish durch. Dann schmeckt man in dem sanften Rum die zupackenden Noten von Piment und sogar etwas Piment d’Espelette. Der Paprikapulver-Touch wird von einem Rückaroma abgelöst, das sehr floral ausfällt und an kandierte Veilchen erinnert. Der „royale“ Rum hat auch einen seinem Namen entsprechenden Preis, die Länge und Vielschichtigkeit beeindruckt allerdings auch. Perfekt eingesetzt wäre er als Zigarren-Begleiter, denn hier ist keine eindimensionale Süße, sondern auch die dosierte Würze für lange anhaltenden Genuss vorhanden.
Und zum Glück hat Klaus Piber, der Gründer des Mercado Nikkei, in dessen Keller wir verkosten, auch einen gut bestückten Humidor im „Clandestino“. Der Rum-Feiertag mit Lorena Vasquez ging also in die „kubanische“ Verlängerung. ¡Muy bien! Lo hiciste genial!
Bezugsquelle:
Zacapa, „Royal“ (Gran Reserva Especial) ist um EUR 239,90 (0,7 Liter-Flasche) beim Weisshaus-Shop erhältlich, www.weisshaus.at