Ein Bier-Menü hatten Jamie Unshelm vom „Culinary Lab“ des Hotels Rote Wand und Stefan Sigl vom Biergut Wildshut gestaltet. Dabei sollten am Arlberg Brau-Raritäten zeigen, dass diese „bières de garde“ zum Essen mindestens so gut harmonieren wie Weine. Die Eröffnung machte ein Lieblingspairing von Braumeister Sebastian Eßl, der die Biere kommentierte. Denn auch das Tartar vom Pinzgauer Rind mit Schottkäse stammt vom Biergut der „Stiegl“-Familie Kiener. Doch vor allem harmonierte das hochwertige Apéro-Bier mit diesem Gang. Die „Bio-Perlage“ aus Wildshut brachte jene Noten – Säure und Frucht – ein, die dem Umami-reichen Beef abgingen.
Es handelt sich um ein mit Champagner-Hefe in doppelter Gärung gebrautes Bier, das Hallertauer Blanc und Simcoe-Hopfen als Biergewürz mitbekommen hat. Damit erklärt sich auch die dezente Zitrusaromatik, wie Sebastian Eßl ausführt. Was der Brautechniker zudem als „hohen Endvergärungsgrad“ bezeichnet, kommt beim Genießer als besonders trockenes Bier an. Das ist bei der „Bio-Perlage“ erwünscht, denn sie bekommt so ihr Sekt-artiges Gepräge. Die zweifache Vergärung hebt dann auch einen dezenten Hefe-Ton im Duft hervor. Orangenblüten und Cerealien bilden den Duft-Kern, auch der Antrunk bringt getreidige Akzente im unfiltrierten Körper des Biers mit. Ein Touch Passionsfrucht, mehr die Kerne als das herb-süße Fruchtfleisch, ist zu schmecken. Für herbe Noten sorgt aber der Zitrusfrucht-Charakter. Im Nachhall, wenn die Säure abgeklungen ist, denkt man dabei fast an Mandarine.
Als Höhepunkt hatte man sich in Zug/Arlberg aber die Premiere des alljährlich gebrauten „Sonnenkönig“ vorbehalten. 2025 reifte ein Imperial Stout in Fässern, die Brenner David Gölles für seinen Rum „Johann“ verwendet hatte. Sechs Monate rundeten einen schon kräftigen Bierstil noch mit starken Tertiär-Aromen ab. Und es war kein Zufall, dass Stefan Sigl Rum-Rosinen zu seinem Kalbfilet auf den Teller gab! Denn das Imperial Stout, prunkt optisch mit einer dunklen Kaffee-braunen Farbe, die sich dem Chocolate Malt verdankt. Das dunkel geröstete Malz bleibt aber hinter dem Duft der Rum-Rosinen – eine Spur der Fassreifung – klar zurück.
Wer „Storck Riesen“ kennt, wird den Duft auch hier wiederfinden. Deutliche Kokosraspel-Gerüche verbinden sich mit dunkler Couverture, Eberraute und getrockneter Weichsel. Sehr viskos breitet sich der neue „Sonnenkönig“ im Mund aus; erneut denkt man an flüssige Schokolade mit Kokos-Geschmack. Final darf dann der Rum deutlicher erscheinen. Klenner werden an einen trockenen Stil wie in Barbados denken. Extrem cremig ist dieses Starkbier, eine verborgene Note zeigt sich erst bei etwas Geduld: Dann nämlich lässt das Wildshut-Spezialbier auch etwas Säure erkennen. Sie ist wichtig für die Trinkbarkeit dieses 13,5% vol. starken Imperial Stouts aus dem Rum-Fass.
Geschmacks-Archäologie hat man dann mit dem dritten Spezial-Bier betrieben. Das „Bio-Antique“ geht auf Funde zurück, die man in Ägypten gemacht hat. Dort wurden in der Antike bereits mehrte Arten des Brauerzeugnisses unterschieden, unter anderem das „Opfer-Bier“ für religiöse Zwecke. Auch die gesundheitsfördernde Wirkung war den antiken Nil-Anrainern bekannt, wie der berühmte Papyrus Ebers (1550 vor Christus!) schildert. Hopfen allerdings verwendeten die Brauer der Pharaonen nicht, dafür diverse Zusätze wie Datteln und Honig. In diesem Wissen hat man in Wildshut ein Bier nach altem Stil, inkl. sechs Monate Reifung in Ton-Amphoren, eingebraut. Das dunkle Bernstein im Glas ist attraktiv und glanzfeim der Duft weist deutliche Karamellnoten auf. „Sticky Toffee“ könnte man auch sagen. Dahinter erschnuppert man Blutorange und säuriges Steinobst, etwa die Mirabelle. Wie eine Wolke legt sich dann aber der Duft von Honig über diese fruchtigen Eindrücke, auch an „Shortbread“ denkt man beim süß-buttrigen Dufteindruck.
Als Überraschung stellt sich dann die feine Säure am Gaumen heraus. Honig, weißer Pfeffer und Mädesüß verbinden sich zu einem reichhaltigen Geschmack. Zumal auch noch Dörrobst in diese Mischung eintritt. Vor allem entsteinte Datteln schmeckt man deutlich heraus, ein wenig als hätte man hier flüssiges „Studentenfutter“ im Glas. Das Gericht dazu zeigt, dass die Säure des Biers bestens mit Speisen interagiert. Der Hirschrücken mit Eierschwammerl und Wacholder hätte mit Rotwein eher breitere, molligere Eindrücke mitgebracht. Diese Erkenntnis ist wichtig, damit man diese Biere nicht auf ein Podest stellt. Sie sind keine Exoten, keine Sonderlinge in der Bierwelt. Sondern sie sollten auch getrunken werden. Und der Winter ist ihre Saison. Nicht von ungefähr gehören eigene Weihnachtsbiere in Skandinavien („Julebryg“) oder Belgien („Kerstbier“) zur Festtagstafel! Hygge in der „Hoiben“ liefern aber auch heimische Kreativbrauer.
Bezugsquelle:
Wildshut, Bio-Perlage kostet EUR 19,90 (0,75 Liter-Flasche), der aktuelle „Sonnenkönig“ (Barrique XXV) wird um EUR 29,95 angeboten und das „Bio Antique“ ist um EUR 18,- (0,375 Liter-Flasche) zu haben – alle direkt im Brauerei-Shop, www.wildshut.at







