Das Artwork fällt auf – es wirkt exotisch, verweist aber nicht sofort auf Mexico. Das war durchaus beabsichtigt bei Brenner Florian Faude und Street Art-Künstler Lehmski. Denn Selva Negra ist keine Tequila-Kopie, sondern eine eigene Kategorie : deutsche Agaven-Spirituose. Könne sexier klingen, ist aber so! Denn erstens sind die Bezeichnungen Mezcal und Tequila für mexikanische Erzeuger geschützt, zweitens geht Faude generell gern eigene Wege. Und die beginnen mit dem Extrakt mexikanischen Agaven. Konkret ist es die Agave salmiana, auf die man in Bötzingen am Kaiserstuhl setzt.
Die aus dem Bundesstaat San Luis Potosi stammenden Pflanzenextrakte werden zunächst zu einem Agaven-Wein vergoren, ehe Faude sie doppelt destilliert. Je nach Abfüllung wird dann noch mit typischen Aromen des Schwarzwalds (Kirsche oder Fichte, doch davon gleich mehr) gearbeitet, die das Destillat quasi eindeutschen. Wir starten die Trinkprotokollierung mit dem „Blanco“, der mit 40% vol auf die schöne Flasche kam.
Ein weicher und angenehmer Erstauftritt begleitet das Agavendestillat mit dem rosa Holz-Stöpsel. Weiße Schokolade und etwas Marzipan sind die Duftnoten des ansonsten recht verhaltenen weißen Selva Negra. Im Mund hat er dann einen stärkeren Eindruck hervorgerufen. Etwas Sauerkirsche, dabei mehr Kraft zeigend als es die 40% vol. anbdeuten. Die Verwandtschaft mit dem „Kirschwasser“, die Hersteller Faude am Etikett erwähnt, erschließt sich. Der Anteil der Agave ist eher das Abrunden dieser Frucht. Mit etwas Vanille und der soften Art gelingt dies trotz anfänglicher Kraftmeierei.
Zweiter in der Schwarzwälder Agavenserie ist der „Reposado“. Die dunklere Farbe zeigt die Reifung im Holz an; es waren ehemalige Bourbon-Fässer im Spiel. Der Jaguar am Label schaut zwar angriffig, doch auch hier sind es sanfte 40% vol. In der Tat ginge bei einer Blindprobe der erste Verdacht in Richtung eines Whiskys. Ein Lowland-Single Malt oder etwas ebenfalls Schottisches aus der Speyside vielleicht. Das Holz und die Vanille geben erst allmählich fruchtigere Duftnoten frei. Diesmal schwingt auch ein wenig Zwetschke mit in der ersten Nase. Am Gaumen hat auch die Haselnuss etwas zum Sagen. Sie ist der Begleiter der dezenten Fruchtigkeit und eines dezenten Waldhonigs. Ganz hinten meldet sich dann auch dunkle Kirsche und ganz soft klingt dieses Agavendestillat aus. Von der Holzwürze des Mittelteils ist am Ende nichts mehr zu schmecken. Ein Wohlgeschmack wie Schokolade-Brownies mit Milchschoggi bleibt zurück. Und das durchaus lange.
Doch es geht noch kräftiger, wenngleich die Farbe wieder schwindet. Mit dem rauchigen Aroma der Fichten des Schwarzwalds wurde der 46% vol. kräftige Brand Nr. 3 aromatisiert. Diese klare Spirituose nennt sich „Classico“ und kommt mit einem würzigen Rauchpaprika-Ton, der an Grüne Schoten denken lässt, vielleicht am mexikanischsten daher. Denn die Agavensüße ist ausgeprägt, ein feines Honigtönchen und der Schmelz weißer Schokolade vermischt sich mit dem dezenten Rauch zu einer nahe am Mezcal gebauten deutschen Version des Agavenbrennens. Auch der Nachklang, in dem sich grüne Tomaten und etwas Lorbeer zeigen, unterstützt diesen würzigen Eindruck. Da kann eine „Paloma“ wirklich gut gelingen damit. Auch wenn der Jaguar hier nicht so wild aussieht wie beim „Reposado“ 😊. Unsere letzten Pesos setzen wir im Schwarzwald auf den „Classico“.
Bezugsquelle:
Selva Negra, „Blanco“ ist um EUR 45,99 (0,5 Liter) erhältlich, der „Reposado“ kostet EUR 53,99 und der „Classico“ EUR 64,99 – alle im Webshop der Schwarzwälder, www.selvanegraspirits.com/shop