Einmal im Jahr öffnet sich eine Whisky-Wundertüte. Nicht nur, was den Inhalt der beiden Fässer betrifft, die Maurice van Vliet für den Österreich-Markt in Japan sichern kann, auch bei der Optik geht man mit Chichibu eigene Wege. Erinnert sich noch jemand an die Spielzeug-Roboter, mit denen die Kult-Malts poppig das Klischée vom behäbigen Whisky-Design brachen? Auch 2022 ist es eine bunte Präsentation im Wiener Unkai geworden. Denn das Artwork von warbb (alias Robbin Snijders) verlinkt die antiken Götter Japans mit der wilden Welt der non fungible token (NFT). Die Verpackungen der ersten beiden „7even Gods of Fortune”strahlten so bunt wie die Speisen der japanischen Küche im Unkai. Denn es gab nicht nur den Launch einer neuen Ausgabe der Kultwhiskys, die um vier-stellige Summen gehandelt werden, zu feiern. Auch die Mutter des Importeurs Vienna Distribution, die holländische Salud Distribution beging ihren zehnten Geburtstag.
Weshalb Maurice van Vliet auch einen Ausblick über die nächsten Sammelstücke von Chichibu gab. Vor allem 2024 sollten sich Freunde des Japan-Whiskys notieren. Denn dann werden gleich drei „Glücksgötter“ die Edition abrunden. Und Maurice versucht auch, „andere Fässer als Ex-Bourbon in Japan zu bekommen“, wie er uns verriet. Doch auch so gibt es genug aromatischen Spielraum. Heuer sind es zwei Destillate aus dem Jahr 2016, die sechs Jahre in der Präfektur Saitama reiften. Einmal klassisch in einem First Fill-Bourbon-Fass, das am Ende 171 Flaschen für den Gott „Hotei“ ergab. Der wie ein dicker Buddha wirkende Schutzpatron der Gastronomie verkleidet sich gern als Fischer und sorgt dafür, dass niemand hungern muss.
Nun, reichhaltig ist auch der Whisky, der seinen Namen trägt. Bei aller Kraft, die man von einem 62,6% vol.-starken Fass-Stärken-Malt erwartet, überraschen die zarteren Düfte: Mandel und feines Nougat ergänzen die würzige Getreide-Grundierung. Es geht sogar noch feiner, denn auch florale Töne schwingen sich in den mächtigen Sattel – dann duftet der „Hotei“ nach Pfirsichblüte. Mit Luft kann man sogar in Richtung Japan assoziieren; denn auch die Salzpflaume Umeboshi ist dann zu riechen.
Im Mund kommen Honigtöne und eine dezente Vanille zum Vorschein, der Hintergrund wird aber wieder vom Mix aus Getreide – diesmal nimmt es die Form eines Baguettes an – und Pfirsichgelée gebildet. Die typische Chichibu-Power nach hinten hinaus bringt dann die kräftigere, auch etwas holzigere Seite des Whiskys zum Vorschein. Das recht lebendige Rückaroma liefert wieder einen ost-asiatischen Geschmackseindruck, nämlich Szechuan-Pfeffer. Fast bremselnd klingt dieser erste der Glücksgötter (offiziell: Edition 2) aus.
Dass wir nicht mit der „Edition 1“ unsere Kosteindrücke begonnen haben, liegt an der so ganz anderen Aromatik dieses Whiskys. Und man will ja als Whiskyblogger auch dramaturgisch etwas bieten 😄. Der Glücksgott-Whisky stammt nicht aus einem erstmals befüllten US-Weißeichen-Fass, sondern einem Barrel, in dem zuvor rauchiger Whisky gereift wurde. Gerade 220 Flaschen gab dieses Fass Nummer 7075 her. Doch wie schon bei der „Intergalactic“-Serie, den Vorgängern der Österreich-Länderedition, überrascht auch hier ein Whisky mit seiner ausgeprägten Tropenfrucht. Es ist der „Ebisu“, der von Beginn an wie eine frisch geöffnete Passionsfrucht riecht, ehe der zarte Rauch des ehemals mit getorftem Whisky befüllten Fasses durchkommt. Man muss die Flasche zur Hand nehmen und nachschauen, aber ja: Da steht 65,5% vol. am bunten Etikett.
Unglaublich, denn diese alkoholische Kraft spielt der Glücksgott Numero Due niemals aus. Stattdessen sind es die exotischen Duftnoten von Banane, die sich mit Luft noch deutlicher ausprägen. Auch am Gaumen bleiben diese Fruchtnoten, allenfalls um Orange ergänzt, sehr präsent. Mit Wasser aufgeschlossen, wird diese Fass-Stärke dann ein geschmeidiges Kätzchen, das mit Bananen-Noten und cremig wie braune Butter spielerisch über die Zunge rollt. Vor allem das Finale betört. Denn dieser Chichibu endet nicht einfach im Nachhall. Er schmilzt dann förmlich weg.
Bezugsquelle:
Chichibu, „7even Gods of Fortune” Edition 1 EBISU ist um EUR 3.000 erhältlich, Edition 2 HOTEI um EUR 3.000, wenn man sie noch findet; bis vor kurzem hatte sie der Whiskyladen der Fam. Kreutz in Götzis, www.genussamgaumen.at