In Zeiten der größten Verknappung an (mittel)altem schottischem Whisky in der jüngeren Vergangenheit – die Jahre 2013 bis 2015 – kamen nicht nur die Single Malts ohne Altersangabe auf. NAS alias „no age statement“ wurde gerne mit einer anderen Eigenschaft verbunden: Geschmacksgetrieben („flavour led“) sollte Whisky nunmehr sein und nicht dem Diktat eines bestimmten Alters unterworfen sein. Das kann man als Umdeutung in Zeiten des Mangels an solchen 12- oder 15 years-Fässern kritisieren, klar. Aber so manches Geschmacksprofil ist in der Tat gekommen, um in der Whisky-Flasche zu bleiben. Denn man sollte nicht vergessen, dass dieser Zugang viele junge Scotch-Trinker sicher besser „abholt“ als eine erst zu erlernende Alterspyramide. Und ohne den Käufer-Nachwuchs wird es halt nicht gehen, will man nicht nur Sammelstücke für den vitalen und spendablen Absatzmarkt Asien füllen.
Bei Macallan hat man im Vorjahr eine neue Dimension in punkto Geschmacksvorbilder eröffnet. Die „Harmony Collection“ verbindet damit ökologischen Anspruch beim Package mit einer ganz klaren Ansage in Sachen „flavour led“ Whisky. Der Erstling nutzte Kakao nicht nur als Geschmacksvorgabe, sondern auch als nachhaltiges Verpackungsmaterial. Dem „Rich Cacao“ (hier beschrieben) folgte nun die Nummer 2 dieser Linie, die sich „Inspired by Intense Arabica“ nennt. Auch hier wurde der Karton aus den in der Produktion von Kaffee anfallenden Abfallstoffen, in diesem Fall Schalen der Kaffeekirsche (auch als „Cascara“ bekannt) genutzt.
Der Whisky Maker der Speyside-Brennerei, Steven Bremner, versammelte dafür Kaffee-Spezialisten wie die Rösterin Lisa Lawson aus Glasgow (Dear Green Coffee) oder Historiker Jonathan Morris („Coffee: A Global History“). Wesentlich in der Runde der fünf Kaffeekenner war aber der äthiopische Kaffeebauer Kenean Asefa Dukamo. Er brachte die beiden Single Origins aus Harrar und Guji mit. Beide Regionen sind nicht so bekannt wie die beim Barista geschätzten Kaffees aus Sidamo oder Yirgacheffe. Ihre Unterschiede arbeitete bei der Präsentation der neuen „Harmony Collection“ Timon Kaufmann perfekt heraus: Der mineralreiche Boden von Guji brachte einen delikaten Espresso hervor, der Harrar zeigte schokoladige und trockene Noten, ohne aber holzig zu sein.
Um dieses Profil nachzubauen, begab sich Mister Bremner tief in die Lagerhäuser von Easter Elchies, um Whiskys zu finden, die an diese Kaffees erinnern. Dass dabei die typische Sherry-Süße der Destillerie ein Thema sein wird, stand als technische Feinheit natürlich fest. Am Ende bringt der von den Arabica-Bohnen Äthiopiens inspirierte Single Malt beide Seiten mit – einen Touch von Kaffee und die Fruchtigkeit eines wahren Macallan. Konkret stehen Rosinen und Datteln für süße Düfte, die an Dessertweine (Tokajer vor allem!) erinnern, ehe sich die malzige Seite des Whiskys deutlicher in der Nase zeigt. Etwas Birne und auch schoko-überzogene Orangen (aranzini) sind wahrzunehmen.
Und der Kaffee? Den spart sich der neue Macallan für den Gaumen auf. Hier beginnt der 44%-ige Whisky mit cremig-sanftem Antritt, in dem Vanille und Kaffeecreme spürbar werden. Gewürze wie Zimt setzen zu dieser „Tiramisu-Sanftheit“ Akzente, die im trockenen Finish in der Tat an einen Kaffee-Geschmack denken lassen: An keinen Espresso mit röstigem Hall freilich, eher an einen Cappuccino oder Caffè Latte, der mit einem Schuss Haselnuss serviert wurde.
P.S.: Wer diesen Whisky – der übrigens auch fein zu Kaffee passt – haben möchte, muss wie immer bei Macallan schnell sein. Denn der offizielle Verkaufspreis (139 Euro) wird praktisch überall bereits deutlich überschritten. Zumindest in der Marketingabteilung kann man da wohl sagen: „Hoch die (Kaffee)Tassen“!
Bezugsquelle:
Macallan, „Inspired by Intense Arabica“ ist z. B. um EUR 349,90 bei Weisshaus gesehen worden, www.weisshaus.at