Es hat schon einen Grund, dass Stuart Baxter seinen Spitznamen „Barley Baxter“ führt. Denn in Sachen Whisky-Malz (und natürlich dessen Safts) kennt er sich wahrlich aus. Das zeigte sich auf der Dachterrasse des Wiener Ritz-Carlton, wo der Schotte nicht nur vom Kaiserwetter „gegrillt“ wurde. Auch die Fragen zu den Whiskys am Verkosttisch gingen in die Tiefe. Denn zum einen waren die Qualitäten von Inver House Distillers großteils köstlich. Zum anderen weiß man von Marken wie AnCnoc relativ wenig.
Was daran liegt, dass in diesem Fall die Brennerei Knockdhu – und damit völlig anders – heißt als der dort gebrannte Scotch. Insgesamt betreibt die schottische Tochter der gewaltigen Thai Beverage (deren Biere Singha oder Chang kennt jeder Thailand-Urlauber) fünf Brennereien: Balblair, Knockdhu, Speyburn und Balmenach. Auch Old Pulteney gehört zum Quintett dazu und deren „Flotilla” erzählt gleich von der Geschichte des Brennereistandorts Wick, einst berühmt für die Hering-Fangflotte. Statt Fischduft bringt der 46%-ige Single Malt viel Malz – die Mischung aus zartem Röstnoten und Süße wie „Maltesers“-Kugeln – Ringlotte und auch etwas Piment mit. Der Kostschluck gestaltet sich wie flüssiger Teig; die Reife in „First Fill“-Fässern aus der Bourbon-Produktion lassen mehr als einen Touch Vanille erkennen. Zum Biskuitteig-süßen Mittelteil kommen im Trinkverlauf auch „hard spices“ wie Muskatnuss und erneut Piment. Diese zugängliche, aber durchaus auch gepfeffert-würzige Mischung ergibt einen nahezu süffigen Single Malt. Es ist die Art von Whisky, die man auch Einsteigern geben sollte, wenn man sie nicht langweilen will.
Keine Langeweile kommt auch beim „15 years“ auf, der einen gehörigen Anteil seines Geschmack der Sherry-Bodega „Jose y Miguel Martin” verdankt. Auch darüber spricht „Barley Baxter“, während wir verkosten – und Transparenz ist durchaus eine wichtige Währung im Whisky-Business. Zwar stellt die Passage im Oloroso-Fass nur ein zeitlich kürzeres „Finish“ gegenüber der Zeit in den ehemaligen US-Whiskyfässern dar, doch die „spanischen“ Eindrücke sind vielfältig. In der Nase treffen Amarena-Kirsche und Nusskuchen auf einander, dieser Old Pulteney lässt aber auch an Milchkaffee mit einem Shot Vanille-Sirup (so würden es „Starbucks“-Stammkunden wohl beschreiben) denken.
Im Mund setzt sich eine unglaubliche Saftigkeit in Szene; der Nusskuchen ist auch wieder da. Im Mittelteil „schmiert“ sich die rotfruchtig-nussige Patisserie-Mischung förmlich um die Zunge. Final komm dann etwas Assam-Tee und grüner Pfeffer dazu. Beides ergänzt die süßen Komponenten des „15 years“ sehr schön!
Wer derlei Kombinatorik schätzt, wird auch mit dem „18 years“ von Balblair seine Freude haben. Hier waren es vier Jahre in ehemaligen Oloroso-Fässern, die dem Single Malt südliche Geschmackselemente verpassten. Ganz klar duftet der Balblair nach Rosinen. Es ist aber eher die Trocknung der Frucht, die man erkennt, weniger eine penetrante Süße. Mit Luft im Glas wird dieser Whisky auch schnell würziger – mit einem dezenten pfeffrigen Anteil. Auch das süß-würzige Spiel eines alten (30 plus Jahre) Balsamico kann man assoziieren. Der fruchtige Akkord zieht sich von Beginn weg durch, doch es dauert nicht lang, bis die Fraktion „spicy“ aufschließt. Das ist Whisky mit Sherry-Sweetness für Fortgeschrittene.
Das Highlight der Verkostung bei Florian Steflitsch und seinem „Atmosphere“-Barteam allerdings war der AnCnoc („Das „C“ bleibt stumm“, so Stuart Baxters Gälisch-Nachhilfe). Und zwar die „peated edition“. Diese Art von Rauch unterscheidet sich vom bekanntesten Torf-Whiskystil, jenem von Islay, deutlich. Hier in Aberdeenshire sind es andere Pflanzen, die verrottet sind, weshalb sich keine medizinalen Duftnoten finden, sondern ein an Oliven-Lake anklingender geiler „smoke“. Dass dieser mit 43% vol. gefüllte Schluck auch an Nusskuchen erinnert, liegt erneut an einem Sherry-Finish.
Am Gaumen ergibt sich daraus eine Art Barbecue-Sauce, die auf der würzigen und weniger süßen Seite angerührt wurde. Der Antrunk ist noch fruchtig, getrocknete Apfelringe und eine dezente Kirschholz-Rauchnote gehen aber schnell in die dichte und an Sojasauce erinnernde Mitte über. Von ihr bleibt ein salziges Finale übrig, das dank der nussigen Nachklänge dann erneut an Knabbermix aus getrockneten Oliven und Nüssen erinnert. Ein Musterbeispiel an wohl erzogener Rauchigkeit!
Bezugsquellen:
Old Pulteney, „Flotilla“ kostet EUR 44,90 (0,7 Liter-Flasche), der „15 years old“ ist um EUR 69,90 zu haben, beide bei Weisshaus, www.weisshaus.at
Balblair, 18 years old wurde um EUR 149,- bei Shöpping.at gesehen, www.shoepping.at
AnCnoc, Peated edition kostet EUR 44,90 bei Expert24 im Webshop, www.expert24.com