Geredet wird ja viel. Fast schon als Zauberwort geistert etwa „spontanvergoren“ durch in der Weinszene. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn woher weiß denn die Hefe, wo die Riede A endet und die Riede B beginnt? Eben! Im Einzelfall findet sich mehr Zuchthefe vom Nachbarsgrund – Trauben-Pressrückstände werden gern als Dünger in den Weingarten ausgebracht! – im vermeintlich natur-belassenem Wein, als dem Käufer und dem Winzer bewusst ist.
Sie ahnen schon: Heut wird’s technisch im Trinkprotokoll.at. Und schuld ist einer der Kult-Wein-Macher dieser Erde. Michael Scilacci verantwortet die Produktion des „kalifornischen Bordeaux‘“ namens Opus One. Scilacci ist aber auch Mitglied der Académie Internationale du vin, die dieser Tage in Wien tagte. Und er stellte den Kollegen – alles keine Unbekannten von Alvaro Palacios über Dominique Lafon (Domaine des Comtes Lafon), Paul Draper (Ridge Montebello), Alois Lageder bis Willi Bründlmayer – vier Weine hin. Allesamt waren 2017 geerntet worden in Oakville, allerdings mit vier verschiedenen Hefen vergoren.
Diese Muster trugen lustige Namen wie Eichhörnchen (squirrel), Wolf (wolf) oder Koyote (coyote), womit die DNA der Stämme charakterisiert wurde. Tatsächliche Wildhefe fand Scilacci (kl. Bild rechts) in den 50 untersuchten Weingarten-Hefen nämlich nur wenige, nämlich zwei, die er nach den Wildtieren „Wolf“ nannte. Kommt das wilde Tier auch ab und an in die Stadt, dann wurde es eine „Koyoten-Hefe“. Das sind solche, die auch Kulturhefe-Spuren aufwies. Und der „Hund“ (dog) wiederum war eine reine Zuchthefe. Sie kam vermutlich von einem knapp einem Kilometer (!) entfernten Weinberg in die am Fuß eines Hügels gelegene Parzelle herunter, mutmaßte Michael Scilacci.
Sein Experiment ersetzt Einschätzungen durch Evidenz, was im Weinbau zu begrüßen ist. Der eigentliche Clou lag aber in der Verkostung des gleichen Weins, der nur durch die im Labor vermehrten Hefen vergoren wurde. „Uns ging es ums Mundgefühl, denn Aromen verändern sich, der Gaumeneindruck aber ist recht stabil“. Und da erwies sich Sample 1 (wolf) als deutlich runder als die Vergleichsproben. Mit einem jugendlich-unruhigen, wenn auch für die Langstrecke vielversprechenden Abgang glänzte Nummer 3 (squirrel). Während die kommerzielle Hefe (dog) in Flasche Nummer 4 einen im Vergleich fast banalen Wein ergab. „Wenig Ausdruck, zwischen Kastanienschale, Rauch und etwas Chili“, steht in den Kost-Notizen.
Auch wenn man persönlich vielleicht gar nicht so viel Reben-Rationalismus schätzt, ist eines zu bewundern: Der Wille, auch das letzte Quäntchen Qualitätsverbesserung für den 400 Euro-Wein herauszukitzeln. Darum geht es an der Spitze. Und wenn es die Hefe ist. Dann aber auch mit echtem Wissen. Und der aktuelle „Opus One“, es ist der Jahrgang 2015 des aus einer Idee von Robert Mondavi und Baron Philippe de Rothschild entstandenen Weins, zeigte im Anschluss seine Klasse.
Operation Mundgefühl gelungen! „Opus One“ 2015
Mit der üblichen Dominanz an Cabernet Sauvignon (81%, dazu 7% Cabernet Franc, 6% Merlot sowie Petit Verdot und Malbec) im Blend geht eine reife, dunkle Fruchtigkeit einher. Heidelbeere und Brombeere im Duft, das Ganze mit deutlicher Vanille – 18 Monate im Barrique stehen zu Buche – und gerösteten Haselnüssen garniert, zeigen ein heißes Jahr an. Auch der Kostschluck bringt satte Aromen dunkler Beeren, hier auch etwas Holunder, mit. Auffällig ist das cremige Mundgefühl, das trotz der Jugend einen bereits antrinkbaren Kalifornier ergibt.
Während man noch über diese seidige Tannin-Struktur und die Sanftheit von immerhin 15 % Alkohol sinniert, legt der Opus One 2015 an Würze zu: Da kommen Zimtrinde, aber auch eine ordentliche Dosis Voatsiperifery-Pfeffer, zum Zug, die aber nicht den Abgang dominieren. Der gehört noch einmal der Frucht, in diesem Fall einer reifen Himbeere, die einen jugendlichen Akzent auf die bisher intensiven Aromen setzt. In jedem Fall ein Kunstwerk an Balance in der Cuvée – wie immer die Hefe in diesem Fall ausgesehen haben mag.
Bezugsquelle:
Opus One Winery, „Opus One” 2015 ist um EUR 399 bei Wein&Co. erhältlich, www.weinco.at