Roggen hat ein gutes Image, aber immer weniger Freunde. Sieht man in der Statistik nach, dann fällt das heimische Brotgetreide schlechthin immer mehr zurück. Nicht immer weiß der Konsument, was drinnen ist im Brot, von Triticale etwa haben vermutlich 90% der Bäckerkunden noch nie gehört, doch die Sorte okkupiert immer mehr Anbaufläche. Ertrag und Widerstandsfähigkeit, das alte Lied tönt heftig gegen die alten Sorten. Doch zum Glück widmen sich wenigstens die Brenner dem guten alten Roggen. „Das Waldviertel baut mehr davon an als die gesamten USA“, trägt Jasmin Haider wie ein Mantra vor und hat die Zahlen dazu im Kopf. Denn die frischgebackende Betriebsführerin in Österreichs ältester Whiskybrennerei (man geht ins 21. Jahr) unterstreicht damit die Kompetenz des Hauses Haider, das auch nicht zufällig in einem Ort namens Roggenreith entstand.
Denn einen 100%-igen Roggenmalz-Whisky trauen sich in den USA nur wenige Brenner zu, die kanadischen Nachbarn schaffen es immerhin mit technischer Hilfe. Doch in Niederösterreichs Norden kann man auch mit einem „reinen“ Roggenwhisky umgehen. Konkret gibt es sogar zwei davon, deren Darrgrad sich unterscheidet. Für Laien: So bezeichnet man die Röstdauer des angekeimten Roggenkeimlings, der damit dunkler und heller ausfallen kann. Nougatmalz etwa wäre schokobraun und gibt die röstigen Noten auch in der Destillation weiter. Das schmeckt man deutlich, wie die Verkostung in der neuen Bar „The Bank“ im Hotel Park Hyatt Wien klar machte.
Die Nomenklatur ist dabei ein wenig „tricky“, denn mit dem „Original Rye“ hat die Geschichte des Whiskybrennens in Österreich einst begonnen. Er besteht aus 60% ungemälzten Roggen und 40% Gerstenmalz. Gereift wird der historisch „älteste“ Roggenwhisky der Haiders in Fässern aus Manhartsberger Eiche. Eine ausgeprägte Honignote zeigte der Duft des Original Rye in der Faßstärke (50 % Alk. – auch die füllen die Haiders). Zu Beginn noch etwas kantig, erweist sich hier die Schokolade-Kakao-Note des Roggens als aromatisches Backbone, erst im Finish wird er ein wenig schärfer und lässt die alkoholischen Muskeln spielen.
Dunkel war das Malz, der Mond schien helle…
Was uns aber heute interessiert, ist der „Pure Rye Malt“ – wie erwähnt aus 100% Roggenmalz gebrannt, das eine hellere Röstung aufweist. Der Whisky mit stärker geröstetem Malz heißt dann – wenig überraschend – „Dark Rye Malt“). Dieser Maximalanteil an Roggenmalz bringt technisch einige Schwierigkeiten mit sich, „der Roggen schäumt halt sehr“, fasst Jasmin Haider zusammen. Aber auch den Rohstoff Malz selbst stellt genau eine heimische Mälzerei her. Das Ergebnis allerdings rechtfertigt den Aufwand.
Das ist mal ein Auftakt! Geröstete Haselnüsse, auch eine gewisse Rauchigkeit, und Mandelkekse geben den ersten Hinweis auf den Roggen. Natürlich kommen auch noch fruchtige Akzente, konkret Melone, saftige Orangenaromen (das wäre der Geruch von Fruchtfleisch, nicht von Zesten). Und eine dezente Honignote sorgt für die Klammer zwischen den fruchtigen und röstig-nussigen Duftnoten. Nach etwas schärferem Beginn dreht der sechs Jahre gelagerte Rye aus dem Waldviertel in Richtung Schokolade, deutlich legen sich die Walnuss- und Kakao-Noten über den Gaumen. Warm und lang klingt der Whisky aus, ein zartes Pfefferl verlängert die ansonsten so süß-runde Aromatik noch.
Doch da geht noch mehr an schokoladigen Noten: Zeit für den „Dark Rye Malt“! Nougat, dazu auch etwas rauchige Töne, vor allem aber eine an Laugengebäck und Pumpernickel erinnernde dunkle Getreidearomatik prägen den sechs Jahre gelagerten Rye aus dem Waldviertel. Kräftig und maskulin wird es auch am Gaumen, wenn der 41%-ige Whisky seine Stärken ausspielt. Wie ein alkoholisch grundiertes Schoko-Müsli wirkt der erste Schluck vom „Dark Rye“. Ab der Mitte gesellen sich würzig-pfeffrige Noten dazu. Während sich die schokoladige und die würzige Seite bis ins Finale vereinen, kommt am Ende noch ein neuer Zug hinzu: Die bereits in der Nase zu merkende Rauchigkeit lässt den Nachklang besonders lang werden.
Mit einem zwei Jahre alten Bergkäse kam der Schoko-satte „Dark Rye“ übrigens so richtig auf Touren – das könnte ein Lieblingsdessert werden…… Einmal Männer-Müsli und Käse, bitte!
Bezugsquelle:
Whiskyerlebniswelt J. Haider, „Pure Rye Malt“ kostet EUR 35,50 (0,5 Liter), der „Dark Rye Malt J.H.“ EUR 38,50 (0,5 Liter), beide ab Hof bzw. im Webshop, der auch kleinere Abfüllmengen bietet, http://shop.roggenhof.at