Dass die Brauer mit ihrem handwerklichen Verständnis mittlerweile eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung alter Getreide spielen, ist erfreulich. Die Bindung von Rohstoff-Lieferant und Verarbeiter erinnert an eine Zeit, in der nicht der Preis alles bestimmte – drei „Fernsehbiere“, wie die deutschen Nachbarn sagen, sollen gern das kosten, was ein Brauer mit Bauern-Connection erzeugt. Dieses Verständnis ist wichtig, weil es eine Kette in Gang setzt, an deren Beginn der Mut steht: Wenn ich etwas Gutes anbiete, werden andere damit Freude haben (auch wenn ich die im Moment weder sehe, noch kenne). Vor allem in Österreich waren die Getreidefelder schon reicher an Sorten. Brauer bringen sie zurück. Dank ihrem beständigen und berechenbaren Malz-Bedarf sowie zahlungswilliger Klientel, die derlei Wertschöpfungsketten am Land schätzt.
Für Tirol haben wir derlei schon erzählt (hier nämlich), selbst in Wien läuft der Getreideanbau für’s Brauen aktuell an und im Mühlkreis haben sich dafür Achim Leibing vom Loidholdhof und Bräu Peter Krammer von Hofstetten zusamengefunden. Die integrative Hofgemeinschaft liefert ein Korn, das aus einem alten Winterweizen im deutschen Breisgau gezüchtet wurde. Poetisch schön ist der Namen des „Goldblumenweizen“, der bei Bäckern beliebt ist. Denn der so genannten Klebergehalt ist enorm hoch. Allerdings bringt er weniger Ertrag und setzt sich in der Agrar-Logik des Besserschnellerstärker daher lediglich im Bio-Landbau durch. Am Loidholdhof etwa, wo die hohen Ähren für Peter Krammers „Versuchssud“ geerntet wurden. Denn es sind nur 2.000 Liter, die in Hofstetten eingebraut wurden, „da nicht mehr Goldblumen-Weizen verfügbar war“. Wer Krammers Bier mag, sollte es vor allem kaufen, wie der Brauer durchblicken lässt: „Vielleicht wird daraus ein größeres Projekt und auch wir in Hofstetten könnten so zu einem fixen Weißbier in unserem Sortiment kommen“.
Geschmacklich legt das „Weisse“ mit dem entsprechend minimalistischen Label schon mal ordentlich was vor: Wie bei vielen guten Weizenbieren schwenkt das geistige Auge auf den Frühstückstisch: Bananenchips und schon mit Milch benetzte Cornflakes sind da, ein wenig Orangenschale folgt. Die säurige Ananas, genauer gesagt eine schon leicht gärende Tropenfrucht, muss man jetzt noch nicht bemerken. Denn sie kommt auch am Gaumen wieder.
Womit wir beim satten Mundgefühl wären – hier merkt man das Getreide am deutlichsten: Anklang an Sandwich-Wecken ist! – macht noch keinen großen Unterschied zum gewohnten „Weizen“. Doch dann ist da dieses Finish, das für pikante Noten (sanft nach Gelber Paprika!) sorgt und einen echten Durstlöscher draus macht. Denn das neue Hofstettner erinnert mit seinem säurigen Ausklang ein wenig an das belgische Wit, also ein mit Koriander, mitunter Salz, und jedenfalls Orangen aromatisiertes Weizenbier.
Was uns zur Ananas und ihrer Säure (nicht Süße im Falle dieses Weizenbiers!) bringt: Denn man kann diese Koproduktion aus dem Mühlkreis auch haptisch, nicht sensorisch beschreiben. Statt einzelne Duftnote herauszuklamüsern und zu beschreiben, lässt man dafür das „Goldblumen Weizen“ einfach zischen. Hier merkt man den säurigen Zug, der dem Getreide Leben gibt wie der Blitz dem Homunkulus im guten alten „Frankenstein“, am besten. Nach dem ersten Schaum schlägt es ein. Schöne, frische Grapefruit-Zesten und säurige Ananas geben den Schub, der es auch schafft, den eigentlichen Weizen-Flake-Geschmack in den Nachtrunk zu drängen. Kurz: Wem die „Weisse“ immer zu bananig und „voll“ war, wird hier seine Freude haben. Daher: Lasst viele (Gold)Blumen blühen!
Bezugsquelle:
Brauerei Hofstetten, „Goldblumen Weizen“ ist neben zahlreichen Mühlviertler Verkaufsstellen – neben dem Loidholdhof und der Brauerei z. B. Nah&Frisch Haslach – um EUR 2,80 (0,33 Liter-Flasche) auch beim Biertempel erhältlich, www.biertempel.at