Sie haben es wieder getan. Und nachdem auch Kämmerer Markus Rubasch vom Stift Schlägl dabei war, kann man sagen: Gott sei Dank! Denn die Cuvée, die vier Mühlviertler Brauereien gemeinsam vorlegen, hat in vielerlei Hinsicht Vorbild-Charakter. Vor allem aber schmeckt sie auch. Und das ohne Etikett mit Hopfen-Handgranaten oder englische Wortspiele, die in der Craft Beer-Szene unverzichtbar scheinen. Dabei war man in Stift Schlägl schon landwirtschaftlicher Mittelpunkt der Region, da war Amerika noch gar nicht entdeckt. Und die Städte an der US-Westcoast entstanden gerade, als sich 1770 die Braucommune Freistadt ihre Gründungsurkunde gab. Zudem ist mit Bierviertel-Obmann Peter Krammer als Bräu in Hofstetten auch einer der Paten des jüngeren Booms unabhängiger Kleinbrauer mit von der Partie. Wer fehlt also noch zum Oberösterreich-Quartett, das die Edition 2021 der Bierviertel-Cuvée am Bildschirm verkostete? Karl Schiffner vom Bierwirtshaus in Aigen-Schlägl, der mit Sohn Felix das Dinkel-Beer des Hauses einbrachte.
Freistädter-Chef Ewald Pöschko ließ ein wenig in die technische Machart blicken: Im Minuten-Takt kamen die einzelnen Bestandteile von den Kollegen in seine Lagertanks und mit zugesetzter Kohlensäure wurden die Komponenten gut durchmischt. 100.000 Flaschen gibt es heuer davon, die in Sechser-Trägern zu den Bierfreunden kommen. Freistadt bringt mit dem „Imperator“ auch das alkohol-kräftigste „Viertel“ ein. Dessen Charakter definiert sich „über Volumen und Honigmelonen-Noten“, wie Braumeister Johannes Leitner sein muskulöses Bier in der ZOOM-Session definierte. Stefan Knauss wiederum erzählte über das Aromenprofil des „Granit“-Biers aus Hofstetten – und dessen Bernstein-Farbe. Letzteres blieb (wie auch das Schlägler „Kristall“) als Rückgrat der Cuvée erhalten, während das 8,2%-ige „Imperator“ und das „Dinkel“ neu gegenüber der 2018er Edition sind.
Doch der Blick der von Gastronomie-Shutdown gebeutelten Brauer geht nach vorne. Und die Langhals-Flasche liegt auch 2021 gut in der Hand; auch das dunkle Bernstein füllt das Glas mit einer Schattierung, die Bierfreunde einspeicheln lässt wie Iwan Petrowitsch Pawlows Hund. Ein einladender Duft nach Orangen-Schokolade – da gab es früher einmal diese Blättchen von Lindt (?) – leitet ein und man darf viel Malz erwarten. Tatsächlich haben wir kurz in die Kostnotizen früherer Bierviertel-Cuvées gespickt und der sensorische Eindruck stimmt: Statt 5,3% vol. sind es nun 6,1% geworden, was natürlich auch die Cremigkeit am Gaumen erklärt.
In diesem Fall setzt nach einer steinobstigen Phase (Mirabelle, wer’s kennt) der würzige Part spät ein: Zarter Weißer Pfeffer leitet dann ein bereits aus früheren Jahren bekanntes Finale in zwei Akten ein. Dazu sollte man die Braumeister-Info haben, das in gleich drei Bieren auch die Mühlviertler Hopfen zur Geltung kommen, namentlich Aurora und Tradition. Deren Kräuter-Herbe verrichtet dann vor allem im Finish ihr aromatisches Werk: Nach einem pfeffrigen Zwischenspiel kommt das Rückaroma mit den feinen Bitter-Noten schön durch. Feines Laugengebäck ist der letzte Gruß dieser einzigartigen Freundschaftsgeste, die zwischen Brauern entsteht, aber allen Bierfreunden gilt. Auch außerhalb des „Viertels“.
Bezugsquelle:
Bierviertel, Cuvée „Edition 2021“ kostet EUR 9,- (im Sechser-Träger mit 0,33 Liter-Flaschen), z. B. im Online-Shop von Karl Schiffner, www.biergasthaus.at/shop