Casale Marittimo muss man nicht kennen. Oliviero Toscani allerdings dürfte allen, die 1995 schon auf der Welt waren, etwas sagen. Der Italiener sorgte als Bild-Autor hinter den provokanten Benetton-Kampagnen auch für seinen eigenen Weltruhm. Den „united colors“ ist er treu geblieben, wenn man auf seine Etiketten-Linie schaut. Denn der Kreative macht auch Wein und zwar in der Maremma, im besagten Casale Marittimo in der Provinz Pisa.
Begonnen hat Oliviero alias „OT“ die Vinifikation 2006. Mit jenem Blend aus Syrah (50%), Cabernet Franc (35%) und Petit Verdot (15%) in den ikonischen dunklen Flaschen mit seinen Initialen, der vor uns am Tisch steht. Trüffel- und Italoimporteur Luca Miliffi von Cibus hat ihn dort hingestellt – und wartet, wie der Wein aus der Maremma mundet. Denn dieser Flaggschiff-Wein gibt auch die Richtung für die beiden weiteren beiden Roten des Kreativen vor. Der „Quadratorosso“ bringt als vierte Rebsrote den Teroldego ins Spiel. Während dieser Wein in Wien zum hauseigenen Olivenöl und Rocco Toscanis Prosciutto nicht gereicht wurde, machte der „itoscani“ – auf dem kursiven „i“ besteht Signore Toscani – den Auftakt der Verkostung.
Er wurde dankenswerter Weise gekühlt gereicht, was man nicht oft genug als sommerliche Servierart würziger Roter empfehlen kann. Auch hier spielt der Teroldego mit 35% (mehr stellt nur der Syrah mit seinen 45% in der Cuvée) eine wichtige Rolle. Je 10% Cabernet Franc und Petit Verdot ergeben einen Wein, der riecht wie eine Gewürzmischung: Rote Paprika, grüne Olive und etwas Hagebutte, dazu notierten wir auch den herb-erdigen „Bockshörndl“-Geruch (Johannisbrot). Die herben Eindrücke waren kein Nasen-Spuk, auch am Gaumen kommen sie durch. Konkret als Sauerkirsche und Cranberry, immer hantig unterlegt. Wieder ist da aber auch die Würzigkeit; die grüne Olive begegnet uns wieder im Finish, wo auch eine feine Lorbeerblatt-Note dazukommt. Diese Aromatik funktioniert am besten, wenn der Wein leicht gekühlt ins Glas kommt.
Durchaus wärmer und in einem großen Behältnis auf den Tisch kommen kann dafür der 2010er „OT“. Denn der auch von Rocco Toscani bestätigte „würze-betonte“ Hausstil kommt hier in einer geschmeidigeren Form daher. Sie verdankt sich neben dem höheren Alter auch dem Petit Verdot. Die Nase dieser Cuvée ist fruchtbetonter, wenngleich auch säurig – Weichsel trifft auf rote Paprika und Rote Rübe. Die würzigen Einsprengseln, die vom Cabernet gestreut werden, bringen Speckrauch, schwarze Olivenpaste und Rosmarin auf den Gaumen, doch all das wird von einer runden Kirschnote, die kühl und leicht bitter statt fruchtsüß-charmant ausfällt. Die 14% des „OT“ (das poppige Logo knallt am besten auf den Magnum-Flaschen) sind gut eingebunden. Der Kitsch-freie, wilde Rote hat auch noch eine gute Lagerfähigkeit – denn in fünf Jahren werden sich die ungestümen Noten der Rebsorten, denen man nicht wie andernorts den „zähmenden“ Merlot beigesellt hat, noch interessanter verwoben haben. Um es á la Benetton zu sagen: Dann wird aus dem grobmaschigen Strick-Pullover ein wärmendes Kaschmir-Vlies geworden sein.
Bezugsquelle:
Oliviero Toscani, „iToscani“ 2014 ist um EUR 9,80 erhältlich, der „OT“ 2010 kostet EUR 29,80, beide direkt bei Cibus via Email (Webseite noch im Aufbau!) – info@cibusitaly.it