Die ehemaligen Weingarten-Besitzungen der Grafen Harrach stellten in West-Ungarn ziemliche Filetstücke dar. Der Joiser „Kirschgarten“ war ein Teil davon. Und wer den Namen dieser einst königlich-ungarischen Riede hört, denkt an auch Josef Umathum. Doch der hat nicht nur diese einzige echte Terrassenlage des Burgenlands wiederbelebt. Sondern auch den „Kirchberg“ in Winden am See. Wie es seine Art ist, ging der Winzer das mit Bedacht an. Der Boden der Muschelkalk-Lage wurde zunächst belebt, ehe es an das Aussetzen von Blaufränkisch ging.
Dass es den ersten Wein dieser Lage erst jetzt gibt, ist ebenfalls Teil des Programms, mit dem diese Einzellage ihren besonderen Charakter zeigen soll. Die kühlen Winde vom Leithaberg machen sie aus, ist „Pepi“ Umathum überzeugt. Der Frauenkirchner hat heuer seinen 41. Jahrgang vinifiziert, er kennt die Möglichkeiten also bestens. Und zog es vor, das Material des „Kirchberg“ bisher nicht gesondert abzufüllen. Die 0,9 Hektar ergeben gerade 2.500 bis 3.000 Flaschen, die ab sofort immer zehn Jahre nach der Ernte in den Verkauft gelangen.
Dank der kalkigen Lage in Winden weist der „Ried Kirchberg“ alles für ein langes Leben auf: Zwischen 6,5 und 7 Promille Säure machen den Erstling zu einem frischen Rotwein, der 15 bis 24 Monate in alten Barriques und danach in großen Fässern reift. Den Großteil der Lagerung verbringt er aber in der Flasche. Diese „10 years after“ seien ungewöhnlich für Österreich, räumt Umathum bei der Präsentation des Erstlings im Steirereck ein. Der Käufer könne sich bei diesem Blaufränkisch aber entscheiden, „ob er ihn gleich genießen oder noch weiter lagern möchte«.
Wo die Reise mit dem „Kirchberg“ hingeht, zeigte dann eine Verkostung der weiteren sieben bisher geernteten Jahrgänge (2016-2024). Die Jahre 2018 (Hagel) und 2020 (Kirschessigfliegen-Befall) wurden von Pepi Umathum und Önologin Sophie Butz nicht gefüllt. Der Vergleich, der zunächst ohne Angabe der Jahrgänge erfolgte, ließ einmal mehr die Würze aufblitzen, dann die kühle und frische Frucht. 2019 etwa kamen die Burgunder-bekannten Noten von Erdbeere und Himbeere sogar stärker als Sandelholz und Nougat durch. 2021 wiederum war die Würze am Zug; fast Chili-Duft entstieg dem Wein, den der Winzer „für den bisher besten“ aus der Riede Kirchberg hält. Tatsächlich sollte man sich diesen Jahrgang für 2031 vormerken, wenn er in den Verkauf kommt. Doch die Wahl von 2015 als Start der Serie war goldrichtig. Er balanciert beide Seiten dieses Lagen-Blaufränkisch aus.
Das ungewöhnliche Duftbild des mit 13% angenehm leichten 2015ers erinnert an Roggenbrot samt der Gewürze wie Fenchelsaat und Kümmel. Die Frucht repräsentiert eine sehr intensive Zwetschke, die an gedörrte Früchte anklingt. So also, wie man sich von einem Zwetschken-Krampus kennt. Rund, fast schon feist, lässt sich der Wein am Gaumen an. Sehr dunkel – auch im Vergleich zu den rotfruchtigen Vertretern der „Kirchberg“-Serie – kommt er auf den Gaumen. Aber, aber! Denn das tut er nur im ersten Drittel. Final dreht der Eindruck so, dass man versucht ist, Umathums Beschreibung („heiße Tage und kühler Abend“) unmittelbar im Geschmack wiederzufinden.
Denn dass man Himbeere zu schmecken bekommt, geht bei der Rebsorte noch an. Es muss ja nicht immer Sauerkirsche sein. Und in der Tat zeigten die achte Weine diese Note so gut wie nie. Dass man an Rosa Grapefruit denkt bei Blaufränkisch, ist hingegen rar. Doch Säure und leichter Gerbstoff lassen diesen Vergleich durchaus zu. Zumal die Feinheit des Tannins hier ein Gradmesser ist, dass der zehn Jahre gereifte Rote in der Tat nahezu ideal am Punkt ist. Oder sich zumindest schon einem ersten Genuss-Plateau genähert hat. Kurz: Ein mehr als gelungener Auftakt zu einer tolle Initiative gegen Jugendwahn beim Wein!
Bezugsquelle:
Weingut Umathum, Blaufränkisch „Ried Kirchberg“ 2015 (late release) kostet EUR 80,- ab Hof bzw. im Webshop, www.umathum.at