Er hat generell eine Freude am Überraschen. Bei uns ist es Martin Bergkirchner jedenfalls gelungen. Und das nicht, weil er vom immer noch weniger bekannten Südufer der Wachau stammt. Viel spannender war der Wein, den der junge Winzer am Stand der Vinea Wachau auspackte. Denn erst einige Wochen davor saßen wir in einer langen Diskussion darüber, über das dreistufige System mit Steinfeder-Federspiel-Smaragd noch sinnvoll ist im Klimawandel.
Und dann steht da der „Ried Poigen“, die eine der wichtigsten für den Betrieb aus Mitterarnsdorf darstellt. Martin, der u.a. bei Emmerich Knoll und Ernie Loosen das Weißwein-Handwerk perfektioniert hat, schenkt einen 2024er ein. Das Federspiel vom Grünen Veltliner ist ein Wein, wie man ihn früher oft bekam und damals kaum schätzte. Der wuchtige Smaragd war ja das Objekt der Begierde. Darunter überließ man die Weine der Gastronomie, dem glasweisen Ausschank vorzugsweise, und schnellen Schlucken zum Auftakt der „wahren“ Privat-Verkostungen.
„Plötzlich waren wir doppelt gefragt“, sieht auch Bergkirchner eine Sehnsucht nach leichten, zugänglichen und doch nicht unterkomplexen Weinen. Die Weingärten, die allesamt weniger heißes Steinmaterial und vor allem keine so steilen Hangneigungen aufweisen wie z. B. in Spitz gegenüber, begünstigen diesen sanfteren Stil. Zumal auch hier durchaus mineralische Prägung zu finden ist. Auch damit überraschen Wein und Winzer (seit dem Jahrgang 2023 auch bio-zertifiziert)! Denn in der Blindverkostung, die wir auch mit dem „Ried Poigen“ durchführten, war auch „Weißburgunder vom Kalk“ ein gut argumentierter Vorschlag.
Doch geht man im Sortenregister einmal die Attribute des Grünen Veltliners durch, dann merkt man, wie typisch und recht packend dieser Duft wirkt: Zitrusschalen und knackiger Gelber Apfel legen mit viel Frische vor. Dahinter kommt dann auch ein wenig Birne, hell-fleischig und frisch aufgeschnitten, zum Vorschein. Auch am Gaumen wirft die feine Säure alle Gewichte nach vorne – fast mineralisch lässt sich der 2024er da an. Interessanter Weise denkt man da tatsächlich fast an einen säurig-engmaschigen Typus, den man sonst oft vom Kalkboden kennt.
Denn wieder ist da „Golden Delicious“ mit straffer Art. Etwas Grapefruit-Schale und die würzige Signatur des Gneis und der Reste des Urmeeres, in denen wenig Kalk auch zu finden ist. Doch abseits der geologischen Spekulationen, über die sich Fachleute der Gesteinswelt ohnehin einen Ast lachen, bleibt eines über: Trinkfreudiger Wein, der in die Jahreszeit passt. Oder auch: Veltliner-Federspiel wie früher!
Bezugsquelle:
Bergkirchner Wein, Grüner Veltliner Federspiel „Ried Poigen“ 2024 ist um EUR 10,30 ab Hof bzw. im Webshop des Winzers erhältlich, www.bergkirchner-wachau.at