Schwarz-weiß etikettierte Flaschen, die beim Apotheker stehen könnten, herrliche holländische Namen und vor allem ein Gespür für Fasslagerung haben die Brouwerij de Molen weltbekannt gemacht. Gründer Menno Olivier öffnete für Trinkprotokoll.at ein paar Flaschen aus seiner Brauerei und kommentierte gewohnt meinungsstark die aktuelle Craft Beer-Entwicklung. Sein Wort hat in der Szene Gewicht, mit 400 Fässern, in denen Biere reifen, stehen in seinem Keller mehr Holzgebinde als bei vielen heimischen Winzern.
„Ich will mich unterscheiden“, begründet Menno (kl. Foto rechts) die Spezialisierung auf Fässer, die mit Bourbon, aber auch Rotweinen vorbelegt waren. Anfangs als Hobby-Brauer tätig, wechselte er aus der Logistikbranche bald Vollzeit in die historische Mühle des Ortes Bodegraven, unweit von Amsterdam. „De Arkhduif“ wurde nach Noahs Taube benannt, die der biblischen Arche signalisierte, dass es nach der Sintflut wieder festes Land gibt. Unter diesem Signet der Hoffnung eröffnete 2004 besreits „de Molen“ (=die Mühle) und hat seither auch die Landleute – Holland ist ja auch Heineken-Country – von handwerklichem Bier überzeugt. „Anfangs gingen 80% in den Export, heute verkaufe ich 40% im Inland“. Zu den 20 Standard-Bieren seiner Range kommen monatlich zwei neue Bier, darunter auch Experimente, die in einem Balsamico-Fass reifen.
Dass die meisten davon mit einem Alkohol weit jenseits der 8% ausgestattet sind, ist gewollt. „Warum kann man Bier nicht wie Wein genießen: Drei Leute teilen sich eine Flasche, genießen einen kleinen Schluck und reden darüber?“. Unser Argument, dass es vor allem in der Gastronomie auch um „drinkability“, also trinkanimierende Biere, gehen sollte nach der IPA-Flut, verfängt beim 53-Jährigen nicht. Seine Biere seien nicht als Durstlöscher gedacht, auch wenn Menno mit vielen IPAs auch seine Probleme hat. Als eigentliche Antwort schenkt er sein „Op & Top“ ein. Namen wie diese sind die Trademark, es gäbe auch noch „Bloed Zweet & Tranen“, „Hamer & Sikkel“ oder „Hel & Verdoemenis“.
Das erste Bier riecht zwar wie ein IPA, mit satten Zitrusnoten, die an Bergamotte erinnern. Die malzige und runde Art des als „American Bitter“ beschriebenen Biers unterscheidet es im Antrunk aber von vielen Aromabomben mit Bitterkeitsexplosion zum Abschluss. Auch beim schönen Bernstein-farbenen Holland-Bräu kommt am Ende natürlich ein Gruß vom Hopfen, doch dafür mischen sich ungewöhnliche Noten wie Kiwi und Papaya in die leicht Malzsüße, die mit einem animierenden Bitterl ausklingt. Fast so, als wollte das „Op & Top“ sagen: Das können wir auch. Mit 4,5% Alkohol ist es für de Molen-Verhältnisse fast ein Leichtgewicht.
Chili-Feuer und Whiskyrauch: Das „Rook & Vuur“
Feuer und Flamme waren wir für das Bier, das eigentlich „Rauch und Feuer” heißt. „Rook & Vuur” bekam ein dezente Dosis Madame Jeanette ab. Dieser gelbe Chili aus der holländischen Ex-Kolonie Surinam gilt als einer der schärfsten der Welt. Für Bier-Festivals, auf denen Menno gerne Gast ist, braut er auch eine “hardcore” Version – „dafür lieben und 50% der Gäste, der Rest hasst uns dafür“. Das rauchige Bier riecht nicht nur wie Whisky von der schottischen Insel Islay, es wurde ursprünglich auch mit Torfrauch-Malz gebraut. Mittlerweile kam Olivier diese Quelle abhanden, doch auch klassisches Rauchmalz kommt seiner Aufgabe nach: Die Duft-Mischung Bitterschokolade, Nuss und Jod hat über allem eine selchige Note schweben.
Auch im Antrunk fällt der Rauch-Geschmack gleich einmal auf, seinem Namen entsprechend schmeckt das „Rauch & Feuer“-Bier wie Geselchtes. Die Klasse von de Molen allerdings zeigt sich im Finish. Denn hier klingt das 8,2% starke Bier nahezu ätherisch aus. Ein charakterstarkes Bier mit Rauchmalz hinzustellen, schaffen einige Brauer – ihm auch Balance und Trinkanimo zu geben (auch wenn der Brauer von „drinkability“ als Kategorisierung nichts hält), macht Spitzen-Brauer aus.
Baskischer Bourbon: Das „Txapela & Klompen“
Eindeutiger Favorit war für uns aber das mit der baskischen Laugar-Brauerei als „collaboration brew“ hergestellte „Txapela & Klompen“. Wer am Etikett liest, dass es sich um ein Bier handelt, das „Saison-ish with salt, rye, smoked whisky malts and infused with bourbon“ ist, will einfach kosten. Das Meersalz aus dem Baskenland verwandelte sich im Sud in eine an Soletti erinnernde Laugengebäck-Note. Ähnlich komplex wie am Label beschrieben ist der Geruch, denn auch Orangenlikör und Weichsel-Kompott mischen sich darin mit der Salzigkeit. Zarte Rauchnoten – vom Bourbon-Fass – schmeckt man heraus, dazu auch Vanille als Sekundäraroma der Lagerung. Die Charakteristik „süß-sauer“ macht das „Txapela & Klompen“ zum echten Leckerbissen; da sind Maracuja und Milchkaffee, die am Gaumen Abfangen spielen. Wie bei den anderen Starkbieren Menno Oliviers fällt sowohl die Balance, aber auch die Veränderlichkeit der Bier auf. Gibt man ihnen – was beim Tratscherl mit dem Brauer leicht passieren kann – ein wenig Zeit, kommen auch weitere Noten dazu. Hier etwa Erdnussbutter und ein nussigerer Zug, der anfangs gar nicht zu schmecken war.
Zum schwierigen Namen dieses 13,6% starken Barock-Biers hilft übrigens ein Blick auf das Rücketikett. Hier finden sich die holländischen Holz-Pantinen (Klompen) und die Baskenmütze (Txapela) als Symbole der beiden Brauereien. „Unaussprechlich in beiden Sprachen“ sei das Bier damit, gibt Menno lachend zu Protokoll. Aber eben auch unaussprechlich gut.
Bezugsquelle:
Brouwerij de Molen, „Op & Top“ (0,33 Liter-Flasche) ist um EUR 2,35 erhältlich, das „Rook & Vuur“ um EUR 3,80 und das „Txapela & Klompen“ um 7,29, alle bei BeerLovers, www.beerlovers.at